CHINA

Spielraum nach unten

Chinas Wachstumsrate ist zum neunten Mal binnen zehn Quartalen gesunken. Der Schwungverlust des mittlerweile wichtigsten Wachstumstreibers für die Weltwirtschaft ist wahrlich kein Grund zum Jubeln. An den Aktienmärkten zeigen sich die Anleger jedoch...

Spielraum nach unten

Chinas Wachstumsrate ist zum neunten Mal binnen zehn Quartalen gesunken. Der Schwungverlust des mittlerweile wichtigsten Wachstumstreibers für die Weltwirtschaft ist wahrlich kein Grund zum Jubeln. An den Aktienmärkten zeigen sich die Anleger jedoch geradezu gut gelaunt. Denn zuletzt waren Chinas Konjunkturdaten praktisch immer schlechter als erwartet ausgefallen. Den am Montag präsentierten Zuwachs beim Bruttoinlandsprodukt (BIP) um 7,5 % hatten die Analysten jedoch so auf dem Zettel. Außerdem liegt man damit punktgenau auf dem von der chinesischen Regierung vorgegebenen Wachstumsziel für das Gesamtjahr.Das ist von einiger psychologischer Bedeutung. Denn die große Frage ist derzeit, inwieweit das neue Pekinger Führungsteam bereit ist, auf Wachstumspunkte zu verzichten, um Reformziele durchsetzen zu können. Zuletzt fuhr den Konjunkturbeobachtern der Schrecken in die Glieder, weil der chinesische Finanzminister Lou Jiwei in den USA laut Agenturen ein BIP-Wachstum von nur noch 7 % als Erwartungswert in den Raum gestellt haben soll.Bislang hatte man damit gerechnet, dass die chinesische Regierung notfalls mit leicht versteckten Impulsen der Abschwungtendenz so weit entgegenwirken wird, dass das Mindestversprechen von 7,5 % noch irgendwie gewahrt bleibt. Schließlich hat Peking in den vergangenen 15 Jahren nur einmal die “Prognose” verfehlt, als die Asienkrise auch China eine kräftige Delle verpasste.Die Frage, ob Lou quasi vorgeschickt wurde, um die Märkte auf eine neue Enttäuschung vorzubereiten, dürfte sich nun erledigt haben. Es handelt sich eher um eine semantische Verwirrung, denn der Minister hat möglicherweise nur auf den Fünfjahresplan verweisen wollen. Dort wird – was gerne in Vergessenheit gerät – für die Periode 2011 bis 2015 ein durchschnittliches jährliches Wirtschaftswachstum von nur 7 % festgehalten.Man könnte daraus ableiten, dass sich Chinas weitsichtige Planer schon vor zwei Jahren auf die Umsetzung eines harten Reformkurses im Verlauf der Planungsperiode und einen damit einhergehenden deutlichen Wachstumsabfall eingestellt haben. An der Zielmarke für 2013 ändert dies nichts. Sie ist und bleibt bei “ungefähr” 7,5 % und dürfte – wenn auch mit einigen Schwierigkeiten – eingehalten werden. In den beiden kommenden Jahren allerdings gibt es zumindest auf dem Papier eine Menge Spielraum nach unten, von dem man an den Märkten derzeit lieber nichts wissen will.