Corona-Pandemie

Staatshaushalt erneut mit tiefroten Zahlen

Die hohen Kosten der Corona-Pandemie haben dem deutschen Staatshaushalt 2021 das zweithöchste Defizit seit der deutschen Wiedervereinigung beschert. Der Fehlbetrag von knapp 154 Mrd. Euro entspricht 4,3% der Wirtschaftskraft – die Maastricht-Hürde wurde damit erneut gerissen.

Staatshaushalt erneut mit tiefroten Zahlen

ba/Reuters Frankfurt

Der deutsche Staatshaushalt ist 2021 wegen hoher Coronakosten das zweite Jahr in Folge tief in die roten Zahlen gerutscht. Die Ausgaben von Bund, Ländern, Kommunen und Sozialversicherung überstiegen die Einnahmen um 153,9 Mrd. Euro, wie das Statistische Bundesamt (Destatis) am Freitag in einer ersten Schätzung mitteilte. Dies sei das zweithöchste Defizit seit der deutschen Vereinigung. „Übertroffen wurde es nur vom Rekorddefizit von 1995, in dem die Treuhandschulden in den Staatshaushalt übernommen wurden“, sagte Peter Schmidt, Leiter der Abteilung „Volkswirtschaftliche Gesamtrechnungen, Preise“ bei Destatis. Der Fehlbetrag entspricht 4,3% des Bruttoinlandsproduktes (BIP). Im Rezessionsjahr 2020 hatte es ebenfalls ein Minus von 4,3% oder 145,2 Mrd. Euro gegeben, nachdem in den Jahren seit 2011 nur Überschüsse erzielt worden waren.

Die hohen Staatsausgaben führten auch zu einer hohen Staatsquote, also dem Verhältnis der Staatsausgaben zum BIP: Diese erreichte einen historischen Höchststand von 51,6%. Im Zuge der Corona-Pandemie sei der vom Bund getätigte Teil der Staatsausgaben besonders gestiegen, erläuterte Schmidt. Dazu zählen etwa Subventionen wie die Sofort- und Überbrückungshilfen an Unternehmen oder der Betrieb der Impf- und Testzentren. Auch wurden Milliardenhilfen für die Flutopfer gezahlt. Insbesondere wegen des höheren Steueraufkommens legten die Staatseinnahmen um 7,5% zu.

Der Referenzwert des europäischen Stabilitäts- und Wachstumspakts von 3% wurde damit bereits das zweite Jahre in Folge deutlich verfehlt. Seine Anwendung wurde jedoch wegen der Coronakrise für die Jahre 2020 und 2021 ausgesetzt. Für dieses Jahr rechnen die meisten Experten mit einer deutlich geringeren Neuverschuldung – auch wegen der erwarteten kräftigen Konjunkturerholung. Das Kieler Institut für Weltwirtschaft (IfW) etwa erwartet ein Finanzierungsdefizit von 1,8%, das 2023 auf 1,4% fallen soll.

„Die Corona-Pandemie bleibt für die Staatsfinanzen eine schwere Belastung,“ sagte der Chefvolkswirt der VP Bank, Thomas Gitzel. Allerdings sei das Haushaltsdefizit wesentlich geringer ausgefallen als angenommen. „Die Steuereinnahmen entwickelten sich besser als erwartet“, führte Gitzel aus. „Nun gilt es, die Staatsverschuldung perspektivisch wieder zu verringern und zugleich genügend Mittel in die anstehende Transformation zu lenken“, sagte KfW-Chefvolkswirtin Fritzi Köhler-Geib. „Dieser schwierige Spagat gelingt am besten bei einem soliden Wirtschaftswachstum und einem engen Monitoring der Ausgabenqualität und -effizienz.“

Minus im Bund noch höher

Das Defizit des Bundes stieg auf 155,3 Mrd. Euro und war damit sogar noch etwas höher als das des Staates insgesamt. Dagegen waren die Finanzierungssalden der Länder (–1,6 Mrd. Euro) und der Sozialversicherungen (–0,1 Mrd. Euro) nur leicht im Minus. Dies lag Destatis-Abteilungsleiter Schmidt zufolge auch daran, dass sie hohe Transfers vom Bund erhielten. Die Gemeinden schlossen das Haushaltsjahr dagegen mit einem kleinen Überschuss von 3,1Mrd. Euro ab. Dieser war allerdings nur noch halb so hoch wie 2020.

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