Staatsverschuldung sinkt leicht

Negativzinsen helfen bei der Konsolidierung - Kritik an steuerlicher Behandlung von Pensionsrückstellungen

Staatsverschuldung sinkt leicht

Die gut laufende Konjunktur, der stabile Arbeitsmarkt und die sinkende Zinslast helfen dem Fiskus, die Staatsverschuldung zu reduzieren. Die sich bessernde Finanzlage weckt aber auch neue Begehrlichkeiten.lz Frankfurt – Die öffentliche Hand hat im vorigen Jahr von der guten Wirtschaftslage profitiert und konnte die Verschuldung verringern. Bund, Länder, Gemeinden und Sozialversicherung standen zum Jahresende mit 2,02 Bill. Euro in der Kreide, wie das Statistische Bundesamt am Montag mitteilte. Dies seien 1 % oder 21,4 Mrd. Euro weniger als 2014, als es noch einen minimalen Anstieg gegeben hatte.Zum öffentlichen Gesamthaushalt zählen der Bund, die Länder sowie die Gemeinden/Gemeindeverbände und die Sozialversicherungen einschließlich aller Extrahaushalte. Aufgrund neuer Vorgaben werden ab 2015 auch die Schulden aller Holdinggesellschaften des Sektors Staat in die Schuldenstände einbezogen.Den stärksten absoluten Rückgang der Verschuldung gab es im vergangenen Jahr beim Bund mit rund 25 Mrd. Euro oder fast 2 % auf knapp 1,3 Bill. Euro. Die Länder waren zum Ende 2015 mit rund 613 Mrd. Euro verschuldet, dies war ein Rückgang um 0,2 %. Die Sozialversicherung verzeichnete die prozentual stärkste Verringerung des Schuldenstandes mit rund 13 % auf 489 Mill. Euro. Nur bei den Gemeinden und Gemeindeverbänden stiegen die Schulden – und zwar um 3,4 % auf 144 Mrd. Euro. Für die Steigerung dürften nach Meinung von Beobachtern zum einen höhere Sozialkosten und zum anderen die Zuwanderung seit der Flüchtlingskrise eine Rolle gespielt haben.Positiv auf die Entwicklung der Staatsfinanzen wirkten auch die Negativzinsen, weil sie die Zinslast verringerten. Bis in den zehnjährigen Bereich kann der Bund für seine Anleiheemissionen inzwischen Minuszinsen verlangen. Wie die “Bild”-Zeitung meldet, hat er im ersten Halbjahr 2016 rund 1,5 Mrd. Euro an Zinsen von den Geldgebern erhalten. Die Käufer nehmen aus Gründen der Anlagesicherheit bewusst einen Verlust in Kauf, statt andernorts in höher verzinsliche Anleihen zu investieren. Am 13. Juli hatte der Bund für ein Zehn-Jahres-Papier bei einem Nullkupon einen Zins von – 0,05 % erzielt. Dem Zeitungsbericht zufolge verringerten sich die Zinsausgaben des Bundes in den ersten Monaten um insgesamt 27,3 % – ein Rückgang von 9,7 Mrd. Euro auf rund 7 Mrd. Euro. Rufe nach MehrausgabenAngesichts der neuerlichen Erfolgsmeldungen für den Bund werden die Rufe nach höheren Staatsausgaben oder/und Steuerentlastungen immer lauter. Zwischen dem Bund und den Ländern schwelt nach wie vor der Streit über die Neuordnung des Länderfinanzausgleichs. Forderungen nach Mehrausgaben für die Bundeswehr (CDU) werden ebenso erhoben wie nach höheren Sozialausgaben etwa für die Mütterrente (CSU) und die Angleichung der Ost-West-Renten (SPD).Und von Seiten der Wirtschaft wird eine Steuersenkung gefordert, zumal die Niedrig- und Negativzinsen die Unternehmen einseitig belasten würden. Letzteres hat eine Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) am Wochenende befeuert: Weil Geldanlagen kaum noch Zinsen abwerfen, müssten Unternehmen viel mehr Geld als früher für ihre Pensionszusagen zurückstellen, beklagt das IW.Um ihren Verpflichtungen später nachkommen zu können, hätten die Rückstellungen zwischen 2008 und 2014 von knapp 22 000 auf 37 000 Euro pro Kopf erhöht werden müssen. Das aber interessiere den deutschen Staat nicht. Vielmehr verlange dieser zudem einen überhöhten Rechnungszins für die fiktive Verzinsung der Kapitalanlage in Höhe von 6 %. Insgesamt hätten die Unternehmen auf diese Weise zwischen 2008 und 2014 bis zu 25 Mrd. Euro zu viel an Steuern gezahlt.Zwar würden die Unternehmen das Geld später wieder vom Fiskus zurückbekommen, aber aktuell sei der Zustand brandgefährlich. IW-Steuerexperte Tobias Hentze: “Den Unternehmen fehlt es an Liquidität, weil sie zu viel Geld ans Finanzamt abführen müssen. Also schieben sie Investitionen auf oder verzichten ganz auf sie.” Letztlich würden Jobs gefährdet. Und im schlimmsten Fall könnten Firmen zahlungsunfähig werden – während der Staat ein zinsloses Darlehen von ihnen bekomme. “Steuerzins reduzieren”Schnellstmöglich, so die Forderung des IW, müsse die Regierung den steuerrechtlichen Zinssatz reduzieren und damit an die Realität anpassen. Konkret: Der Fiskus müsste auf Einnahmen in Milliardenhöhe verzichten.