LEITARTIKEL

Stabilität als Versprechen

Für die Wirtschaft war es eine schlechte Entscheidung, für die CDU ist sie gut: Viele Wirtschaftsvertreter haben auf den ordoliberalen Friedrich Merz als neuen Parteivorsitzenden der CDU gehofft. Das Rennen gemacht hat der Pragmatiker Armin Laschet,...

Stabilität als Versprechen

Für die Wirtschaft war es eine schlechte Entscheidung, für die CDU ist sie gut: Viele Wirtschaftsvertreter haben auf den ordoliberalen Friedrich Merz als neuen Parteivorsitzenden der CDU gehofft. Das Rennen gemacht hat der Pragmatiker Armin Laschet, derzeit Ministerpräsident in Nordrhein-Westfalen. Gut ist für die CDU: Damit ist erst einmal eine Hängepartie beendet. Nach der avisierten Demission der glücklosen Annegret Kramp-Karrenbauer im Frühjahr 2020 rumorte es in CDU und CSU, wie es nach der Ära Angela Merkel weitergehen wird. Neben dem polarisierenden Merz war noch der Außenseiter Norbert Röttgen im Rennen um den Parteivorsitz. Von der Seitenlinie aus mischte der karrierebewusste Bundesgesundheitsminister Jens Spahn mit, der mit dem Kanzleramt liebäugelt. Der CSU-Vorsitzende Markus Söder erreichte mit medialem Geschick hohe Zustimmungswerte in der Bevölkerung, sodass sein Name bei der Führungsfrage im Kampf um das Kanzleramt an die erste Stelle noch vor allen potenziellen CDU-Parteivorsitzenden rückte.Das Kandidatenfeld ist nach der Wahl Laschets deutlich bereinigt. Röttgen wurde ins Präsidium gewählt und ist eingebunden. Spahn hat sich durch eine unpassende Intervention beim Parteitag, die er via Twitter bereute, diskreditiert. Es würde die Union schädigen, wenn Spahn das Bündnis mit Laschet jetzt aufkündigte. Merz hat sich erneut als nicht integrierbar erwiesen: Seine öffentliche Forderung, für die verlorene Wahl um den Parteivorsitz mit dem Wirtschaftsministerium in der amtierenden Regierung belohnt werden zu wollen, war absurd. Seine weitere Erklärung, er habe zugunsten einer Frau auf eine Bewerbung im Präsidium verzichtet – und damit auf Mitarbeit an der Parteispitze -, ist gönnerhaft und fadenscheinig. Die Kanzlerkandidatenfrage reduziert sich auf Laschet oder Söder. Die Entscheidung fällt nach den Landtagswahlen Mitte März.Dabei hat die Union einen wie Merz mit einem klaren ordnungspolitischen Kompass bitter nötig. Wahlen gewinnen ist das eine. Eine Volkspartei braucht dafür ein breites Angebot, das soziale Wünsche bedient, aber auch wirtschafts- und finanzpolitisch die richtigen Antworten liefert. Im Herbst zum Wahlkampf hin wird die Coronakrise noch präsent sein, wenn auch anders als heute. Viele werden geimpft sein. Für staatlich verfügte Beschränkungen gibt es dann keinen Grund mehr. Die Schäden durch den verordneten Stillstand in den Wirtschaftsunternehmen, auf dem Arbeitsmarkt und beim privaten Wohlstand werden kurz vor der Bundestagswahl offen zutage treten. Dann ist diejenige Wirtschaftskompetenz gefragt, die Wähler in Umfragen regelmäßig CDU/CSU – daneben nur noch der FDP – bescheinigen. Ein fähiger Wirtschaftspolitiker in der Spitze der Union ist auch aus anderem Grund nötig. Auch ohne Corona steht die Wirtschaft in Umbruchzeiten. Die Digitalisierung rüttelt die Geschäftsmodelle der Unternehmen durch. Die Globalisierung hat neue Wettbewerbsverhältnisse geschaffen. Die Klimaziele erfordern einen auf Nachhaltigkeit ausgelegten Umbau der Volkswirtschaft. Der Sozialstaat in Deutschland ist in den vergangenen Jahren der Hochkonjunktur auf ein Maß gewachsen, das kaum noch finanzierbar ist. In einer alternden Gesellschaft mit einer schrumpfenden Zahl von Erwerbstätigen muss es umso mehr darum gehen, die Finanzierbarkeit von Renten- und Zuwendungsempfängern sicherzustellen. Staatliche Investitionen in die Infrastruktur, in Bildung und Forschung sind Voraussetzung für eine florierende Wirtschaft, die das kann.Laschet ist alles andere als ein pointierter Wirtschaftspolitiker. Er ist ein Mann des Ausgleichs und der inhaltlichen Unschärfe. Ihm ist es aber zuzutrauen, die breite und enttäuschte Anhängerschaft von Merz auch auf eine CDU unter seiner Führung einzuschwören. Nur so kann die Partei wieder zur Ruhe kommen. In Düsseldorf hat Laschet gezeigt, dass er verschiedene Strömungen am Kabinettstisch vereinen kann. Für die Volkspartei ist Laschets Unschärfe ein Segen. Viele Wähler suchen heute gemäßigte Positionen. Deshalb ist die sogenannte Mitte größer geworden, deshalb werden Wahlen in der Mitte gewonnen. Je mehr die CDU das Soziale als Wahlangebot aufgibt, desto mehr Platz macht sie für SPD und Grüne. Je stärker CDU und CSU aber werden, die zusammen derzeit mit Abstand in den Umfragen führen, desto weniger müssen sie bei einem oder gar mehreren Koalitionspartnern Kompromisse machen. Volksparteien bieten den Wählern an, Konsens und Ausgleich zu liefern. Das macht sie stark und verspricht Stabilität. Von Stabilität profitiert am Ende auch die Wirtschaft.——Von Angela WefersDie Wahl von Armin Laschet zum CDU-Parteichef hat Weichen für die Bundestagswahl gestellt. Der Mann des Ausgleichs verspricht Stabilität.——