Startschuss für neue Privatisierungen
Während für Frankreichs Schüler nach den schier endlos langen Sommerferien wieder der Ernst des Lebens begonnen hat, steht die Regierung von Emmanuel Macron in den Startlöchern, um die Teilprivatisierung mehrerer staatlicher Unternehmen anzugehen. Dabei hatte sie im Juli mit der Ankündigung, STX, die größte Werft des Landes, vorübergehend verstaatlichen zu wollen, zunächst einen gehörigen Fehlstart hingelegt. Wirtschaftsminister Bruno Le Maire kündigte nun am Wochenende an, dass er in den nächsten Wochen die Privatisierung einiger staatlicher Unternehmen bekannt geben werde.Premierminister Edouard Philippe präzisierte später, dass es sich eher um die Verringerung von staatlichen Beteiligungen als um komplette Privatisierungen handeln werde. Die Einnahmen sollen, wie von Präsident Emmanuel Macron im Wahlkampf versprochen, zur Finanzierung eines 10 Mrd. Euro schweren Fonds für die “Industrie der Zukunft” dienen. Zudem hatte der Rechnungshof Anfang des Jahres die Rolle des Staates als Aktionär kritisiert und für eine Reduzierung der uneinheitlichen Beteiligungen plädiert.Die staatliche Beteiligungsagentur Agence des Participations de l’Etat (APE) hat in ihrem Portfolio rund 80 Unternehmen. APE-Chef Martin Vial hat Wirtschaftsminister Le Maire zu Beginn des Sommers eine Liste der als strategisch eingestuften Firmen übergeben, an denen der französische Staat beteiligt bleiben sollte. Dazu gehören Unternehmen aus der Verteidigungsbranche wie Thales, aus der Atomindustrie wie Areva und aus dem Energiesektor wie EDF (Electricité de France). Nach Ansicht der APE sollten auch Firmen des öffentlichen Dienstes wie die Post, die Bahn SNCF oder der Pariser Nahverkehrsbetreiber RATP in staatlicher Hand bleiben.In Frankreich wird bereits spekuliert, dass sich der Staat nun von seiner Beteiligung an der Lottogesellschaft Française des Jeux trennen könnte, an der er 72 % hält. Das könnte 1,5 bis 2,2 Mrd. Euro in seine Kassen spülen. Im Gegenzug müsste der Staat auf jährliche Dividenden in Höhe von rund 130 Mill. Euro verzichten. Die Abgaben auf die Spieleinsätze der Française des Jeux haben ihm im letzten Jahr 3,1 Mrd. Euro eingebracht. Der Staat müsse weiterhin die Kontrolle über die Branche behalten, meinen die Gegner einer Privatisierung der Lottogesellschaft.Weniger umstritten wäre eine Privatisierung der Pariser Flughafenbetreibergesellschaft Aéroports de Paris (ADP), an welcher der Staat 50,6 % hält. Diese Beteiligung ist derzeit gut 7,3 Mrd. Euro wert. Der Baukonzern Vinci, der in den letzten Jahren seine Aktivität als Flughafenbetreiber stark ausgebaut hat und 8 % des ADP-Kapitals hält, hat bereits Interesse bekundet. ADP-Chef Augustin de Romanet hat sich im Mai dafür ausgesprochen, dass der Staat aus Gründen der nationalen Sicherheit zumindest einen gewissen Anteil am Kapital behält, da der Pariser Flughafen Charles de Gaulle-Roissy die größte Grenze Frankreichs darstelle. Nachdem die Flughäfen von Toulouse, Nizza und Lyon bereits privatisiert würden, könnten jetzt weitere Regionalairports folgen.Als potenzielle Kandidaten, bei denen Frankreich jetzt die staatlichen Beteiligungen reduzieren könnte, werden auch Engie, Orange, Safran und Renault gehandelt. An dem Versorger Engie hält der Staat 28,8 % des Kapitals im Wert von 10 Mrd. Euro, an dem Telekomkonzern Orange 13,5 % im Wert von 5 Mrd. Euro, am Triebwerkshersteller Safran 14 % im Wert von 4,8 Mrd. Euro und an Renault seit zwei Jahren knapp 20 %. Damals hatte die Regierung ihre Beteiligung überraschend aufgestockt, um auf der Hauptversammlung einen Antrag abzuwenden, der die durch ein damals neues Gesetz vorgesehene automatische Erteilung von Stimmrechten für langfristige Aktionäre hätte verhindern können. Eigentlich wollte der Staat seine Beteiligung damals schnell wieder auf 15 % reduzieren, doch das ist bis heute nicht geschehen. Emmanuel Macron hatte sich deshalb während seiner Amtszeit als Wirtschaftsminister einen erbitterten Machtkampf mit Renault-Chef Carlos Ghosn geliefert. Der Rechnungshof hatte den Interventionismus des Staates bei Renault kritisiert. Dieser habe seinen Einfluss bei dem Autobauer geschwächt und nicht gestärkt, bemängelte er.