Steuereinnahmen im Höhenflug

Bis 2018 landen 119 Mrd. Euro mehr in den öffentlichen Kassen - "Kein Spielraum für Steuersenkung"

Steuereinnahmen im Höhenflug

Die Steuerschätzer prognostizieren in den nächsten Jahren deutlich mehr Einnahmen für Bund, Länder und Gemeinden. Im Bundeshaushalt ist der zusätzliche Geldfluss aber schon verplant.wf Berlin – Die Steuereinnahmen aller Gebietskörperschaften werden nach der neuen Steuerschätzung bis 2018 gegenüber 2013 um knapp 119 Mrd. Euro auf 738,5 Mrd. Euro steigen. Zudem prognostizieren die Schätzer 19,3 Mrd. Euro mehr Einnahmen für Bund, Länder und Gemeinden, als sie im November noch erwartet hatten. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) trat gleichwohl finanzwirksamen Wünschen entgegen. “Die Steuerschätzung eröffnet keinen finanziellen Spielraum”, erklärte er vor der Presse in Berlin. Es bleibe ein “ehrgeiziges Ziel”, die strukturelle Null im Bundeshaushalt in diesem Jahr und einen ausgeglichenen Etat ohne neue Kreditaufnahme 2015 zu erreichen. Für 2014 ist nach dem Etatentwurf, der derzeit im Bundestag beraten wird, eine Nettoneuverschuldung von 6,5 Mrd. Euro geplant.Die Debatte über eine Einkommensteuerentlastung, um die inflationsbedingten Lohnzuwächse dem Zugriff des Fiskus zu entziehen, erklärte Schäuble damit für erledigt. Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) bekräftigte ihre Haltung gegen einen Abbau dieser sogenannten kalten Progression. “Wenn sich finanzielle Spielräume ergeben, wird die Koalition über einen Abbau der kalten Progression reden, aber auf absehbare Zeit sehe ich diese Spielräume nicht”, sagte Merkel der Rheinischen Post.Rückendeckung kam aus den Koalitionsfraktionen. Der Vizechef der CDU/CSU, Ralph Brinkhaus, warnte trotz der guten Zahlen vor Euphorie. Verteilungsdiskussionen erübrigten sich besonders vor dem Hintergrund, “dass wir ab 2015 keine neuen Schulden mehr machen wollen”. Die Koalition müsse viel dafür tun, dass die Wirtschaft weiter brumme und die Steuereinnahmen auch in den nächsten Jahren stabil blieben. “Wir sollten uns daher mehr um das Erwirtschaften und weniger um das Verteilen kümmern.” Von der SPD stellten Vizefraktionsvorsitzender Carsten Schneider, Finanzexperte Lothar Binding und Haushaltsspezialist Johannes Kahrs klar, dass es angesichts der im Vorfeld der Steuerschätzung verbreiteten Erwartungen keinen Spielraum für zusätzliche Mehrausgaben oder den Verzicht auf dauerhafte Einnahmen gebe.Für den Bund gehen die Steuerschätzer im Vergleich zu ihrer Prognose vom November von Einbußen von 800 Mill. Euro aus. Diese Mittel kommen – wegen der relativ guten Finanzlage in Deutschland im europäischen Vergleich – zum großen Teil der EU zugute. Für 2015 kann Schäuble mit 1,1 Mrd. Euro mehr Steuereinnahmen rechnen als im November erwartet. Weil das Bundesfinanzministerium in diesem Frühjahr aber vor der Haushaltsplanung für 2014 und 2015 selbst geschätzt hat, sind die Abweichungen im Vergleich dazu geringer. Danach fehlen in diesem Jahr 700 Mill. Euro, ein Betrag, der im Haushaltsvollzug ohne große Probleme erbracht werden kann. Im nächsten Jahr gibt es nur ein eher zu vernachlässigendes Plus von 100 Mill. Euro. “Auf wackeligen Füßen”Die Grünen werteten die Ergebnisse der Steuerschätzung als “Weckruf” für Schäuble. Die fehlenden Einnahmen in diesem Jahr zeigten, dass der Haushalt “auf wackeligen Füßen” stehe, erklärten Kerstin Andreae, stellvertretende Fraktionsvorsitzende, und Sven-Christian Kindler, haushaltspolitischer Sprecher. Trotz der Steuermehreinnahmen finanziere Schäuble die Wahlversprechen in der Rente und seine Haushaltspolitik über “einen dreisten Griff” in die Sozialkassen, kritisierten die Grünen-Politiker. Leidtragende dieser Politik seien vor allem die Beitragszahler. Investitionen würden dabei jedoch deutlich vernachlässigt.