Steuereinnahmen wachsen stetig

Konjunkturverlangsamung zeitigt erste Spuren - Bund hat 2018 mehr in der Kasse als erwartet

Steuereinnahmen wachsen stetig

Die neue Steuerschätzung hat einen Disput über den künftigen Kurs in der Finanzpolitik entfacht. Verstärkte Forderungen nach Steuersenkungen aus der Wirtschaft lässt Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) aber an sich abgleiten. Den Koalitionsvertrag hält er für klug verhandelt. Daran will er festhalten. wf Berlin – “Große zusätzliche weitere Spielräume sind eben nicht sichtbar”, sagte Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) bei der Vorstellung der neuen Zahlen der Steuerschätzung vor der Presse. Damit wies der SPD-Politiker Forderungen nach Steuersenkungen etwa im Unternehmenssektor zurück. Der Hauptgeschäftsführer des Industrieverbands BDI, Joachim Lang, hatte mit Blick auf Steuersenkungen in anderen EU-Ländern wie Frankreich oder Großbritannien vor einem Höchststeuerland Deutschland gewarnt. Der Solidaritätszuschlag müsse vollständig abgeschafft werden, verlangte Lang. Die effektive Steuerbelastung der Unternehmen dürfe maximal 25 % erreichen. In der OECD seien Unternehmen durchschnittlich mit 24,7 % und in der EU mit nur 21,7 % belastet. Die Dachorganisation der Kammern DIHK rief ebenfalls zu Steuersenkungen auf. “Ohne Reformen wird Deutschland 2022 im Vergleich der OECD-Länder sogar die höchste Steuerbelastung haben”, sagte DIHK-Präsident Erik Schweitzer. Der DIHK setzt unter anderem auf den vollständigen Abbau des Solidaritätszuschlags, die Verbesserung der Abschreibungsbedingungen, die steuerliche Förderung von Forschung und Entwicklung, weniger Steuern auf reinvestierte Gewinne und die Anpassung des Steuerrechts an eine marktnahe Verzinsung. Delle im nächsten Jahr Die unabhängigen Steuerschätzer rechnen trotz Eintrübung der Konjunktur in den nächsten Jahren mit weiter steigenden Einnahmen. Bis 2023 werden die Steuereinnahmen des Gesamtstaates von erwarteten 775,3 Mrd. Euro in diesem Jahr bis auf 940,7 Mrd. Euro zulegen (siehe Tabelle). Insgesamt nehmen die Gebietskörperschaften bis 2022 – bis dahin reichte die Prognose vom Mai – in der Summe 6,7 Mrd. Euro mehr ein als vor einem knappen halben Jahr noch erwartet worden war. In diesem Jahr haben Bund, Länder und Gemeinden zusammen im Vergleich zur Mai-Schätzung 3,2 Mrd. Euro mehr in der Kasse. Nur 2019 liegen die Einnahmen des Gesamtstaates um 2,3 Mrd. Euro unter den bisherigen Erwartungen. In allen anderen Jahren fallen sie höher aus. Die Länder kommen in der Summe auf 3,6 Mrd. Euro mehr Einnahmen bis 2022 als bisher erwartet. Bei den Gemeinden fällt die korrigierte Zahl in der Summe bis 2022 um 700 Mill. niedriger aus als im Mai.Der Bund kann in den Jahren bis 2022 in der Summe mit rund 2,0 Euro mehr Einnahmen rechnen als bisher prognostiziert. 2019 und 2022 haben die Schätzer den Ansatz nach unten korrigiert, 2018, 2020 und 2021 nach oben. In diesem Jahr kann der Bund nun mit Steuereinnahmen von 323,8 Mrd. Euro kalkulieren und nimmt 2018 damit rund 2,5 Mrd. Euro mehr als zuletzt prognostiziert. Scholz nannte drei Möglichkeiten diese zusätzlichen Mittel auszugeben: für Entwicklungszusammenarbeit und Verteidigung. Diese beiden Möglichkeiten sieht der Koalitionsvertrag für zusätzlichen Finanzspielraum vor. Als dritten Punkt nannte er die steuerliche Förderung von Forschung und Entwicklung. Vorschläge will er dazu bald vorlegen, kündigte der Minister an. Die steuerliche Förderung soll die bereits bestehende direkte Forschungsförderung “klug ergänzen”. Zu den Forderungen, den Solidaritätszuschlag komplett abzuschaffen, zitierte Scholz lediglich den Koalitionsvertrag, der 2021 die Entlastung von 90 % der vorwiegend unteren und mittleren Einkommensbezieher vorsieht. Dies kostet den Bund 10 Mrd. Euro. Unternehmen fallen damit durch den Rost. Der haushaltspolitische Sprecher der CDU/CSU-Fraktion, Eckhardt Rehberg, erklärte, laut Koalitionsvertrag müssten neue Spielräume für die Modernisierung der Bundeswehr und für die Entwicklungszusammenarbeit verwendet werden. “Daran ist Bundesfinanzminister Scholz gebunden.”