Steuerpublizität entzweit Berlin

Schäuble und Wirtschaftsprüfer warnen vor übermäßiger Transparenz

Steuerpublizität entzweit Berlin

wf Berlin – Die Bundesregierung sucht im Zwist über die umstrittene Frage der Offenlegung von Konzernsteuerdaten eine gemeinsame Linie. Die Abstimmung mit dem Bundesjustizministerium laufe, sagte eine Sprecherin von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) vor der Presse in Berlin. Es werde eine einheitliche Haltung zu der EU-Bilanzrichtlinie angestrebt. Anders als Schäuble, der die nach Ländern aufgeschlüsselten Ertragsteuerdaten von multinationalen Konzernen nur den Finanzbehörden zugänglich machen will, tritt Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) für breite Transparenz über die Webseite der Unternehmen ein. Unterdessen stellten sich das Institut der Wirtschaftsprüfer (IDW) und auch der Wirtschaftsrat der CDU hinter Schäuble.Über die EU-Bilanzrichtlinie wird derzeit in Brüssel verhandelt. Der Entwurf der Kommission sieht vor, dass Konzerne beim sogenannten Country-by-Country Reporting einen Bericht veröffentlichen müssen, in dem die Ertragsteuerdaten nach Ländern aufgeschlüsselt sind. Auch das Europäische Parlament vertritt diese Position. Multinationale Unternehmen – mit einem Umsatz von 750 Mill. Euro und mehr – sollen diese Daten auf ihrer Webseite publizieren. Im Einzelnen geht es um länderspezifisch untergliederte Positionen wie gezahlte und noch zu zahlende Ertragsteuern, den handelsrechtlichen Umsatz und das Ergebnis vor Steuern sowie Beschäftigtenzahlen. “Datenaustausch in Gefahr”Schäuble warnte in Berlin vor Steuerberatern vor übertriebener Publizität. “Vollständige Transparenz ist das Gegenteil von hinreichender Effizienz”, sagte Schäuble laut Nachrichtenagentur dpa-afx beim Steuerberaterkongress. “Deswegen werden wir alles tun, um diesen Weg nicht weiterzugehen.” Der Minister befürchtet, dass der für 2017 anvisierte grenzüberschreitende automatische Informationsaustausch von Steuerdaten zwischen den Finanzbehörden scheitern könnte, wenn die allgemeine Veröffentlichungspflicht kommt. Bei seinen Kollegen in der Gruppe der führenden Industrieländer (G 7) hatte der EU-Vorstoß für Irritation gesorgt. Dies machte Schäuble beim Treffen in Japan deutlich.Das IDW mahnte nun, durch eine Veröffentlichung komme es zu Wettbewerbsverzerrungen zwischen Unternehmen innerhalb und außerhalb der EU. Zudem fehle im Kampf gegen Steueroasen in Drittstaaten der Anreiz, ihrerseits Steuerdaten im Austausch zu liefern, wenn die Daten in der EU bereits öffentlich seien. Die Wirtschaftsprüfer bezweifeln zudem, dass die Veröffentlichung mehr Druck auf die Steuerpolitik der Firmen machen wird als die bereits zu veröffentlichende Konzernsteuerquote. Länderbezogene Steuerdaten seien nur aussagekräftig, wenn sie in Bezug zum Unternehmenserfolg gesetzt würden. Bei multinationalen Unternehmen sei die Wertschöpfung aber auf verschiedene Länder verteilt. Für die Zuordnung bedürfe es einer konzeptionellen Basis. Der Wirtschaftsrat dringt darauf, dass die Beschlüsse in Brüssel einstimmig gefasst werden. Bei Steuerfragen wäre dies der Fall. Über die EU-Bilanzrichtlinie wird aber lediglich nach dem Mehrheitsprinzip abgestimmt.