81 Mrd. Euro weniger

Steuerschätzung offenbart größere Haushaltslücke

Das schwache Wachstum in Deutschland bremst die Dynamik der Steuereinnahmen. Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) und sein Haus stehen vor schwierigen Haushaltsverhandlungen für 2025.

Steuerschätzung offenbart größere Haushaltslücke

Steuerschätzung offenbart größere Haushaltslücke

Bis 2028 gut 81 Mrd. Euro weniger – Lindner fordert Konzentration aufs Wesentliche

wf Berlin

Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) hat nach den Ergebnissen der Steuerschätzung seine Kabinettskollegen zu Disziplin aufgerufen. Bei den Etatverhandlungen 2025 sei die Regierung in der Pflicht, Prioritäten zu setzen. „Wir müssen uns auf das Wesentliche konzentrieren“, sagte Lindner nach der Bekanntgabe der Zahlen des Arbeitskreises Steuerschätzung.

Der von manchen erhoffte neue Geldsegen bleibt nach der Schätzung aus – im Gegenteil. Bund, Länder und Gemeinden müssen von 2024 bis 2028 mit 80,7 Mrd. Euro Steuereinnahmen weniger auskommen, als es der Arbeitskreis im Oktober noch prognostiziert hatte. „Ohne eine strukturelle Belebung der Wirtschaft wird es künftig keine neuen finanziellen Spielräume geben“, konstatierte Lindner. Die Wirtschaft sei schwach und auch die mittelfristigen Wachstumsaussichten seien „bescheiden“. Dies habe nicht nur konjunkturelle Gründe. Es steckten auch strukturelle Standortprobleme dahinter. Gleichwohl wachsen die Steuereinnahmen stetig, wenn nun auch langsamer: Der Gesamtstaat aus Bund, Ländern, Gemeinden samt EU nimmt in diesem Jahr mit 950,3 Mrd. Euro rund 34,4 Mrd. Euro mehr ein als im Vorjahr. 2025 werden die Steuereinnahmen auf 995,2 Mrd. Euro steigen und 2026 die Schwelle von 1 Bill. Euro knacken.

Im kommenden Haushaltsjahr hat allein der Bund 11,0 Mrd. Euro weniger zur Verfügung. Die Mindereinnahmen durch Steuerrechtsänderungen von 4,2 Mrd. Euro in dieser Position waren vorhersehbar. Die Steuerschätzer berücksichtigen sie jedoch erst, wenn ein Gesetz verabschiedet ist. Die sogenannte Schätzabweichung von fehlenden 6,5 Mrd. Euro ist indessen auf das schwache Wachstum zurückzuführen und reißt ein größeres Loch in die Ausgabenplanung des Bundes. Die Haushaltsverhandlungen 2025 laufen. Lindner zufolge liegt die Lücke für die geplanten Ausgaben im „niedrigen zweistelligen Milliardenbereich“. Darüber hinaus haben fünf Ministerien mehr Bedarf angemeldet, als es der Finanzplan für das nächste Jahr vorsieht. Es sind vier SPD-geführte Ressorts – Inneres, Soziales, Verteidigung und Internationale Zusammenarbeit – sowie das grün geführte Auswärtige Amt. Am 3. Juli soll der Etatentwurf im Kabinett beschlossen werden, in der letzten Sitzungswoche vor der Sommerpause.

Der Industrieverband BDI rief die Regierung auf, der gebremsten Steuerentwicklung mit einem „entschlossenen Wachstumsprogramm“ entgegenzuwirken. Hauptgeschäftsführerin Tanja Gönner forderte den Hochlauf öffentlicher Investitionen, die Abschaffung des Solidaritätszuschlags und eine international wettbewerbsfähige Unternehmensbesteuerung.

Bericht Seite 8
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