Steuerschätzer deuten größeren Spielraum an

Mehr Einnahmen prognostiziert - Altmaier zügelt Wünsche der Jamaika-Verhandler - "Prioritäten setzen"

Steuerschätzer deuten größeren Spielraum an

wf Berlin – Die neuen Zahlen der Steuerschätzer geben der potenziellen Jamaika-Koalition mehr Finanzspielraum. Doch die Mittel werden nicht reichen, um alle Wünsche zu erfüllen. “Die Lage ist gut, sie hat sich ein Stück weit verbessert, aber die Bäume wachsen nicht in den Himmel”, sagte der geschäftsführende Bundesfinanzminister Peter Altmaier (CDU). Altmaier verwies mit Blick auf die laufenden Sondierungsgespräche zwischen Union, FDP und Grünen auf die Notwendigkeit zur Mäßigung. “Die Sicherung einer soliden und nachhaltigen Haushaltsführung ist dabei von herausragender Bedeutung.” Deutschland sei ein Stabilitätsanker in Europa. Der Kurs der Finanzpolitik müsse deshalb beibehalten werden. “Wir müssen bereit sein, Prioritäten zu setzen”, hielt Altmaier fest.Die Steuerschätzer haben in ihrer dreitägigen Sitzung in Braunschweig die Erwartungen verbesserter Einnahmen bestätigt. Für den Bund ergeben sich Altmaier zufolge als reiner Effekt der Steuerschätzung für die nächsten vier Jahre rund 15 Mrd. Euro zusätzliche Steuereinnahmen gegenüber der Schätzung vom Mai. Zusammen mit dem in der mittelfristigen Finanzplanung ausgewiesenen Spielraum von knapp 15 Mrd. Euro sei dies für die neue Legislaturperiode ein finanzpolitischer Rahmen, den “wir nutzen können, ohne ungebührliche haushalterische Risiken einzugehen”. Altmaier warnte jedoch davor, die beiden Zahlen zu addieren. Dies sei nicht 1 : 1 möglich. Die Einhaltung der Schuldenbremse sei gewährleistet, versprach er.Nach der Prognose des Arbeitskreises Steuerschätzungen werden die gesamtstaatlichen Steuereinnahmen von 734,2 Mrd. Euro im Jahr 2017 auf 889,6 Mrd. Euro im Jahr 2022 steigen. Insgesamt nehmen Bund, Länder und Gemeinden damit 26,3 Mrd. Euro mehr an Steuern ein, als die Schätzer im Mai vorausgesagt hatten. Die Länder profitieren von 2020 an von der Neuordnung der föderalen Finanzordnung, die ihnen jährlich 9 Mrd. Euro mehr Einnahmen beschert. Deutschland steht gut da, sagte Altmaier. Dies gelte nicht nur für den Bund, sondern auch für die Länder. Per Ende September hatten alle bis auf Nordrhein-Westfalen mit Überschüssen abgeschlossen. Die neue Regierung in Düsseldorf steuert nun aber auch auf einen Landeshaushalt ohne Defizit zu.Unterstützung für Altmaier kam aus der Unionsfraktion. Auch der haushaltspolitische Sprecher der Bundestagsfraktion, Eckhardt Rehberg, sprach sich für “klare Prioritäten” aus, um die solide Haushaltspolitik ohne neue Schulden fortzusetzen. “Der Bundeshaushalt ist kein Steinbruch für alle möglichen Wünsche der Parteien”, erklärte Rehberg. Den vollständigen Abbau des Solidaritätszuschlags in ein oder zwei Schritten hält er im Bundeshaushalt für nicht finanzierbar, wenn Geld auch für zusätzliche Anstrengungen in Zukunftsfeldern und für zentrale Staatsaufgaben bereitstehen soll. Der Wegfall des “Soli” von 2020 an würde eine Lücke von 20 Mrd. Euro jährlich in den Bundeshaushalt reißen. Zudem sei die Zeit für ständig neue Wohltaten des Bundes für die Länder und Gemeinden vorbei, unterstrich er. Länder und Gemeinden profitieren nach der Bund-Länder-Finanzreform über die Umsatzsteuer inzwischen stärker von den Steuermehreinnahmen als der Bund.