Steuerstreit zwischen USA und EU wird schärfer

Praktiken von Apple & Co sorgen für Verstimmung - Washington droht mit Reaktionen auf Ermittlungen

Steuerstreit zwischen USA und EU wird schärfer

ahe Brüssel – Die seit rund zwei Jahren laufenden Ermittlungen der Europäischen Kommission gegen Steuerdeals einzelner Konzerne in verschiedenen EU-Mitgliedsstaaten führen zu weiteren Verstimmungen zwischen Brüssel und Washington. Nachdem US-Finanzminister Jacob Lew bereits im Februar in einem Brief an EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker seinen Unmut über die Ermittlungen der Brüsseler Wettbewerbsbehörde geäußert hatte, von denen unter anderem auch die amerikanischen Konzerne Starbucks, Amazon und Apple betroffen sind, legte sein Haus jetzt noch einmal nach. In einem ungewöhnlich scharf formulierten, 25 Seiten starken “White Paper” kritisierte das US-Finanzministerium, die Ermittlungen der EU-Kommission untergrüben die internationalen Vereinbarungen beim Thema Steuervermeidung. Das US-Ministerium kündigte an, “eventuelle Antworten” zu prüfen, sollte die EU-Kommission an ihrem derzeitigen Kurs festhalten. Was dies genauer bedeutet, wurde nicht gesagt.Bei den Ermittlungen im Haus von Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager geht es im Wesentlichen um Fälle, in denen nationale Finanzbehörden einzelne Großkonzerne unlauter bevorzugt und dabei gegen das EU-Beihilferecht verstoßen haben könnten. Im Einzelnen handelt es sich um Apple/Irland, Starbucks/Niederlande, Fiat Finance/Luxemburg, McDonald`s/Luxemburg und Amazon/Luxemburg. Zwei dieser Fälle wurden bereits im vergangenen Oktober entschieden: Die US-Kaffeehauskette Starbucks sollte 20 bis 30 Mill. Euro an den niederländischen Staat an Körperschaftsteuer nachzahlen und die Fiat-Tochter einen Betrag in ähnlicher Höhe an den luxemburgischen Fiskus. Beide Fälle sind aktuell vor dem EU-Gerichtshof zur Überprüfung anhängig. In einem weiteren Fall erklärten die EU-Wettbewerbshüter im Januar auch eine belgische Steuerregelung für unzulässig, von der insgesamt mehr als 30 Unternehmen profitiert hatten.In Brüssel wird vermutet, dass der neue Vorstoß aus Washington auch mit der nahenden Entscheidung in Sachen Apple/Irland zu tun hat, in der es bei den möglichen Steuerrückzahlungen um ganz andere Dimensionen geht. Auch wenn die EU-Kommission voraussichtlich erneut keinen konkreten Betrag vorgibt, sondern die Entscheidung über die Höhe den nationalen Behörden überlassen dürfte, ist letztlich mit einem Betrag von mehr als 10 Mrd. Euro zu rechnen. Eine Entscheidung im Fall Apple wird bereits in den nächsten Wochen erwartet.Ein Sprecher stellte gestern klar, dass der jetzige Kurs der Kommission, wonach nationale Steuerbehörden nicht ausgewählten Unternehmen Steuererleichterungen gewähren dürften, nicht neu sei. Auch müssten sich alle in Europa tätigen Firmen an die EU-Wettbewerbsregelungen halten, egal ob sie aus Europa oder von außerhalb kämen. Brüssel wies damit Vorwürfe aus den USA zurück. In dem “White Paper” wird noch einmal ausführlich kritisiert, dass die EU-Kommission in den Beihilfeverfahren ihren Kurs 2014 geändert habe und ihre neue Auslegungen, die nicht konsistent mit den internationalen Normen seien, nun auch nachträglich anwenden wolle. Die EU-Wettbewerbsbehörde agiere mittlerweile als übernationale Steuerbehörde.—– Kommentar Seite 1