ITALIEN

Stich ins Wespennest

Das hat gerade noch gefehlt. Die kanadische Ratingagentur DBRS ließ wissen, dass sie in den nächsten Monaten Italiens "A"-Rating herabstufen könnte. Italiens Regierung hat geradezu hysterisch darauf reagiert. Alle Möglichkeiten, auch eine Klage,...

Stich ins Wespennest

Das hat gerade noch gefehlt. Die kanadische Ratingagentur DBRS ließ wissen, dass sie in den nächsten Monaten Italiens “A”-Rating herabstufen könnte. Italiens Regierung hat geradezu hysterisch darauf reagiert. Alle Möglichkeiten, auch eine Klage, sollen geprüft werden, um eine Herabstufung zu verhindern. DBRS ist die letzte der vier großen Ratingagenturen, die Italien noch mit “A” einstuft. Zweifellos würde ein Downgrade auch die Finanzierungskosten des bereits angeschlagenen Bankensystems erhöhen. Ein Stich ins Wespennest.Für Rom steht im Herbst viel auf dem Spiel – in politischer und in wirtschaftlicher Hinsicht. Im Oktober muss das neue Stabilitätsgesetz präsentiert werden. Ministerpräsident Matteo Renzi hat einen Nachtragshaushalt ausdrücklich ausgeschlossen. Diesen kann er sich angesichts der Stimmenverluste bei den jüngsten Kommunalwahlen nicht leisten. Im Klartext bedeutet dies, dass das für 2017 geplante Haushaltsdefizit von 1,8 % der Wirtschaftsleistung nicht erreicht wird. Finanzminister Pier Carlo Padoan hat daher schon vorgegriffen. Er erklärte, dass sich das schwache Wirtschaftswachstum auch auf die Staatsfinanzen auswirken werde. Nachdem Brüssel bereits für das laufende Jahr “Flexibilität” in der Haushaltspolitik gewährte, peilt Italien nun auch für das kommende Jahr lockere Regeln an.Hiobsbotschaften kommen tagtäglich von der makroökonomischen Front. Auch im Juni ist die Industrieproduktion um 0,4 % gegenüber dem Vormonat und um 1 % im Jahresvergleich zurückgefallen. Dies heißt, dass das Bruttoinlandsprodukt im zweiten Quartal langsamer wachsen wird, als ursprünglich vorgesehen war. Statt des einst für 2016 versprochenen Wachstums von 1,2 % werden nach Ansicht des Industriellenverbandes Confindustria nur 0,6 % erreicht werden.Dies ist für die Opposition ein gefundenes Fressen. Denn der Misserfolg in der Wirtschaftspolitik wird nicht etwa dem allgemein schwachen Umfeld und den geopolitischen Krisen zugeschrieben. Renzi und seine angeblich ins Stocken geratene Reformpolitik werden dafür verantwortlich gemacht. Vor diesem Hintergrund kommt eine Herabstufung durch DBRS Renzi zeitlich ungelegen. Die Gefahr wird ohnehin immer größer, dass er beim Referendum über die Verfassungsreform den Kürzeren zieht. Insofern versucht er sämtliche Hindernisse, die seinen Erfolg gefährden könnten, auszuräumen. Doch eine Klage gegen die Ratingagentur würde den bereits überreizt reagierenden Renzi nur noch mehr schwächen.