Stimmung in Euroland auf Allzeittief

Einkaufsmanagerindex sackt wegen Pandemie so kräftig ab wie nie

Stimmung in Euroland auf Allzeittief

Die Corona-Pandemie und die Maßnahmen zur Eindämmung des Virus haben der Wirtschaftsaktivität im Euroraum einen so herben Schlag versetzt, wie es ihn selbst zu Zeiten der globalen Finanzkrise nicht gegeben hat. Am stärksten unter dem Stillstand des öffentlichen Lebens leiden die Dienstleister.ba Frankfurt – Die angesichts der Corona-Pandemie getroffenen Quarantäne-Maßnahmen haben die Stimmung in den Unternehmen gemessen am Einkaufsmanagerindex für die Eurozone so kräftig eingetrübt wie noch nie in der Geschichte der Umfrage. Der von IHS erhobene Einkaufsmanagerindex, der Industrie und Dienstleister zusammenfasst (PMI Composite), ist im März laut vorläufigen Daten im Monatsvergleich um 20,2 auf 31,4 Punkte abgesackt. Der bisherige Tiefstwert von 36,2 Zählern stammt von Februar 2009 (siehe Grafik). Ökonomen hatten zwar einen drastischen Rückgang erwartet, nachdem das Barometer in den vergangenen beiden Monaten eine Stimmungsaufhellung verzeichnet hatte, allerdings nur einen Wert von 38,8 Punkten auf dem Zettel. Werte oberhalb der 50-Zähler-Marke signalisieren Wachstum.Chris Williamson, Chefökonom des britischen Wirtschaftsinstituts IHS Markit, prognostiziert daher einen Rückgang des Bruttoinlandsprodukts (BIP) auf Quartalsbasis von rund 2 %. Sollten in den kommenden Monaten noch drakonischere Maßnahmen zur Bekämpfung des Virus erlassen werden, könnte sich die Talfahrt weiter beschleunigen, mahnte Williamson. Der Kollaps der Wirtschaftsaktivitäten im März, ausgelöst durch die Verschärfung der Corona-Pandemie, sei beispiellos, hieß es bei IHS Markit. Bankvolkswirte erwarten allerdings, dass das BIP im zweiten Quartal noch stärker von der Corona-Pandemie gezeichnet sein wird. “Denn der Januar und der Februar waren durch Corona in Euroland noch nicht verhagelt”, wie Christian Melzer, Ökonom der DekaBank, erinnert. Für das Frühjahr sei ein zweistelliges Schrumpfen des BIP nicht ausgeschlossen. “Es wäre das erste in der Geschichte der EWU”, so Melzer. Dienstleister leiden besondersBesonders kräftig fiel der Stimmungseinbruch bei den Dienstleistern aus. Dies hatten Ökonomen mit Blick auf umfassenden Ausgangsbeschränkungen in sämtlichen Euro-Ländern, die die Geschäfte im Transport- und Freizeitbereich sowie im Hotel- und Gaststättengewerbe praktisch zum Erliegen gebracht haben, bereits erwartet. Der entsprechende Einkaufsmanagerindex ist um 24,2 Punkte auf ein neues Allzeittief bei 28,4 Zählern abgerutscht. Aber auch in der ohnehin lahmenden Industrie hat sich die Stimmung eingetrübt. Der Einkaufsmanagerindex ist hier um 4,4 auf 44,8 Punkte und damit den niedrigsten Stand seit Juli 2012 gesunken. “Der Konzeption des Indikators ist es geschuldet, dass der Rückgang im verarbeitenden Gewerbe noch halbwegs begrenzt ausfiel”, mahnt BayernLB-Ökonom Stefan Kipar. Denn steigende Lieferzeiten und ein verlangsamter Lagerabbau gingen positiv in den Indikator ein. Ein Blick auf die Komponenten Auftragseingänge und Produktion zeige aber eindeutig, “dass es derzeit bereits ähnlich schlecht um die Industrie steht wie in den Hochzeiten der Finanzkrise”, sagte Kipar. “Viele Unternehmen stellen die Produktion zum Schutz der Belegschaft oder wegen fehlender Vorprodukte ein”, kommentierte Christoph Weil von der Commerzbank. Sollte es gelingen, die Pandemie bis zur Jahresmitte einzudämmen, dürfte die Produktion in der zweiten Jahreshälfte wieder kräftig steigen – aber auch dann werde “für das Gesamtjahr 2020 ein Minus von 4 % zu Buche stehen”.In allen von der monatlichen Umfrage erfassten Ländern zeigt sich ein einheitliches Bild: Während die Dienstleisterindizes stark einbrechen, zeigen sich die Rückgänge der Industrieindizes weniger ausgeprägt. Laut IHS Markit vermeldet Frankreich im März den kräftigsten Konjunktureinbruch in der knapp 22-jährigen Umfragegeschichte. Der Composite PMI fiel um 20,7 auf 30,2 Punkte. Etwas weniger kräftig bergab ging es mit dem deutschen Composite PMI (-13,5 auf 37,2 Punkte), der damit auf den niedrigsten Stand seit Februar 2009 fiel. In den Ländern, für die keine vorläufigen Zahlen gemeldet werden, wie etwa das extrem stark betroffene Italien oder auch Spanien, ist der Konjunktureinbruch laut IHS Markit noch kräftiger ausgefallen als in Deutschland und Frankreich.