Ifo-Geschäftsklima

Stimmung stabilisiert sich auf niedrigem Niveau

Stabilisierung, aber keine Trendwende – mit dieser Hauptaussage vermag der Ifo-Geschäftsklimaindex keinen Konjunkturoptimismus zu versprühen: Die deutsche Wirtschaft wird im dritten Quartal schrumpfen.

Stimmung stabilisiert sich auf niedrigem Niveau

Stimmung stabilisiert sich auf niedrigem Niveau

Ifo-Geschäftsklima sinkt weniger stark als erwartet – Erwartung an die kommenden Monate weniger pessimistisch – Nur im Handel steigt die Laune

Stabilisierung, aber keine Trendwende – mit dieser Hauptaussage vermag das Ifo-Geschäftsklima keinen Konjunkturoptimismus zu versprühen: Die deutsche Wirtschaft wird im dritten Quartal schrumpfen. Vor allem in der Baubranche ist die Stimmung schlecht. Aber auch bei den Dienstleistern sieht es immer düsterer aus.

ba Frankfurt

Die Konjunkturflaute der deutschen Wirtschaft verlängert sich. Neuestes Indiz ist der Ifo-Geschäftsklimaindex, der im September zwar nicht so kräftig wie erwartet, aber dennoch den fünften Monat in Folge gesunken ist. Damit bestätigt das wichtigste Frühbarometer für die konjunkturelle Entwicklung hierzulande das Bild, das der Einkaufsmanagerindex gezeigt hat: Stabilisierung auf niedrigem Niveau, aber noch keine Trendwende.

Das Ifo-Geschäftsklima fiel im September um 0,1 auf 85,7 Punkte. Dabei revidierten die Münchener Wirtschaftsforscher den Vormonatswert leicht nach oben, nachdem sie zunächst einen Zählerstand von 85,7 Punkten gemeldet hatten. Ökonomen hatten eine stärkere Stimmungseintrübung erwartet und einen Wert von 85,2 Zählern prognostiziert. Laut Ifo-Präsident Clemens Fuest waren die Unternehmen im September erneut weniger zufrieden mit den laufenden Geschäften, wohingegen der Pessimismus für die kommenden Monate leicht abgenommen habe. "Die deutsche Wirtschaft tritt auf der Stelle", erklärte Fuest zu dem Ergebnis der monatlichen Umfrage unter 9.000 Führungskräften.

Baukrise belastet

Das Bruttoinlandsprodukt dürfte von Juli bis September im Vergleich zum Vorquartal zurückgehen, ergänzte Ifo-Experte Klaus Wohlrabe im Reuters-Interview – eine Einschätzung, die die Bundesbank ebenso wie die Bankvolkswirte teilen. Europas größte Volkswirtschaft war im Schlussquartal 2022 und Anfang 2023 geschrumpft, im Frühjahr dann stagniert. "Mit einer veritablen Krise am Bau und den ungewissen Folgen der grünen Transformation etwa im Automobilsektor haben wir noch einige konjunkturelle und strukturelle Baustellen", mahnte LBBW-Ökonom Jens-Oliver Niklasch.

Als ursächlich für die Rezessionserwartung gelten vor allem die massiven Leitzinserhöhungen der Notenbanken. Von der ersten Zinsanhebung bis zum Beginn einer Rezession vergeht in der Regel mehr als ein Jahr, erklärte Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer. Die Europäische Zentralbank (EZB) hat ihren Einlagensatz seit dem Sommer 2022 um 450 Basispunkte erhöht. "Die Zinswende sollte die Konjunktur also erst ab dem Herbst belasten", so Krämer. Gedrückt werde die Konjunktur auch durch die Verunsicherung der Unternehmen über die Wirtschaftspolitik der Regierung. "Die politische Unsicherheit in Bezug auf die Energiewende und die Energiepreise ist ebenfalls nicht verschwunden", ergänzte ING-Chefökonom Carsten Brzeski.

"Problematisch ist, dass Treiber für eine nachhaltige Stimmungsumkehr zurzeit nicht erkennbar sind", sagte Alexander Krüger, Chefvolkswirt der Hauck Aufhäuser Lampe Privatbank. Auch wegen hoher Energiepreise würden Unternehmen die Standortfrage noch lauter stellen. Insbesondere die Industrie, die infolge der beispiellosen Zinserhöhungen mit sinkenden Aufträgen aus dem In- und Ausland kämpft, leidet unter den erhöhten Energiekosten. Im September zeigten sich die Unternehmen aber wieder etwas zufriedener mit ihrer aktuellen Lage, so dass der Geschäftsklimaindex im verarbeitenden Gewerbe leicht zulegte.

Weniger Lieferkettenprobleme

Nachdem die Lieferkettenprobleme immer mehr abflauen, ging der Auftragsbestand weiter zurück. Allerdings lässt der Abwärtstrend bei den Auftragseingängen auf eine künftig geringere Produktion schließen. "Das verarbeitende Gewerbe senkt den Daumen nicht noch weiter, was Konjunkturbeobachter durchatmen lässt", kommentierte Thomas Gitzel, Chefvolkswirt der VP Bank. Zuletzt sei es rings um den Globus zu gewissen Stabilisierungstendenzen gekommen, auch hierzulande: "Es scheint so, dass die Industrie ihren Boden gefunden hat."

Sorgenkind bleibt die Baubranche, die die Zinsstraffungen am stärksten spürt. Hier ist das Geschäftsklima so schlecht wie seit Januar 2009 nicht, nachdem die aktuelle Lage schwächer beurteilt wurde und der Ausblick "äußerst pessimistisch" blieb, wie es beim Ifo hieß. Wegen der Konsumzurückhaltung der Verbraucher trübte sich die Stimmung der Dienstleister erneut ein – den sechsten Monat in Folge. "Die Umsätze entwickelten sich schwächer als in den Vormonaten", erklärte Fuest die merkliche Verschlechterung der aktuellen Lage. Die Erwartungen konnten leicht zulegen, auch wenn sie "weiterhin von Skepsis geprägt" seien. "Merklich steigende Löhne, eine wohl in etwa stabile Beschäftigung und die inzwischen rückläufige Inflationsrate dürften dem Konsum in absehbarer Zeit neue Impulse geben", erwartet KfW-Chefvolkswirtin Fritzi Köhler-Geib. Der Handel ist die einzige Branche, in der der Geschäftsklimaindex zulegte.

BZ+
Jetzt weiterlesen mit BZ+
4 Wochen für nur 1 € testen
Zugang zu allen Premium-Artikeln
Flexible Laufzeit, monatlich kündbar.