Streit über Folgen der EZB-Politik

Bundesbank: Privathaushalte erzielen positive Gesamtrendite - Kritiker monieren Enteignung der Sparer

Streit über Folgen der EZB-Politik

In Deutschland ist die Kritik an der Niedrigzinspolitik der EZB groß und von Enteignung der Sparer die Rede. Die EZB wehrt sich – und bekommt nun Rückendeckung von der Bundesbank.ms Frankfurt – Trotz der anhaltenden Niedrig- und Negativzinspolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) haben die privaten Haushalte in Deutschland laut Bundesbank zuletzt stets eine positive Gesamtrendite auf ihre finanziellen Portfolios erzielt. Im ersten Quartal 2017 habe diese in realer Rechnung – also abzüglich der Inflation – bei knapp 1,9 % gelegen, schreibt die Notenbank in ihrem Monatsbericht August.Laut Bundesbank greift es zu kurz, nur die geringen Einlagenzinsen der deutschen Sparer in den Blick zu nehmen. Für eine “umfassende Betrachtung” der Folgen des Niedrigzinsumfelds für die Sparer sollten auch die Renditen anderer Anlageformen wie Versicherungsansprüche und bei Wertpapieren anfallende Kursgewinne und -verluste sowie Dividendenzahlungen einbezogen werden, so die Experten.Mit ihrer Analyse stellt sich die Bundesbank in diesem Punkt hinter die EZB und gegen Kritik an der ultralockeren Geldpolitik des Eurosystems, nicht zuletzt aus Deutschland. Die EZB-Politik enteigne Sparer, ist speziell aus Deutschland oft zu hören. Gerade auch im Bundestagswahlkampf ist die EZB-Politik immer mal wieder ein Streitthema. Die Euro-Hüter dagegen argumentieren, diese Kritik sei zu verengt.Erst Anfang August hatte auch die EZB eine Analyse zu den Folgen der rekordniedrigen Zinsen auf die Zinseinkommen von Staaten, Unternehmen und Privathaushalten vorgelegt und war darin unter anderem zu dem Ergebnis gekommen, dass es bei den Privathaushalten einen nahezu neutralen Effekt gegeben habe und auch im Fall Deutschlands die Veränderung des Nettozinseinkommens der Haushalte “vernachlässigbar” sei (vgl. BZ vom 4. August). An der EZB-Berechnung hatte es Kritik gegeben, weil sie Lebensversicherungen nicht berücksichtigt habe. Der CDU-Wirtschaftsrat sprach von “Schönrechnerei”. Einige andere Beobachter warfen der EZB gar “Trickserei” vor.Die Bundesbank baut in ihrer gestern veröffentlichten Analyse auf frühere Konzepte aus dem Jahr 2015 auf. Die reale Gesamtrendite von 1,9 % im ersten Quartal liegt laut Bundesbank zwar unter dem langfristigen Mittel seit dem Jahr 1991 in Höhe von 2,8 %. Sie übersteige aber geringfügig den Mittelwert seit dem Jahr 2008 von 1,7 %. Mit dem Kollaps der US-Investmentbank Lehman Brothers hatte die Weltfinanzkrise 2008 ihren Höhepunkt erreicht.Laut Bundesbank legten bis zuletzt insbesondere die Aktienrenditen spürbar zu, vor allem dank Kursgewinnen am Kapitalmarkt. Gleichzeitig gaben demnach die Renditen von Bankeinlagen einschließlich Bargeld spürbar nach. Sie sanken zuletzt sogar deutlich unter null. Dies sei vor allem auf den seit Mitte 2016 vorherrschenden Anstieg der Inflationsrate zurückzuführen, so die Bundesbankexperten. Das dürfte die Debatte über die Umverteilungswirkungen der ultralockeren Geldpolitik anheizen. Kritiker bemängeln, dass die Geldpolitik vor allem die Vermögenden begünstige und diejenigen mit weniger Geld benachteilige.Einen durchweg positiven Beitrag zur Gesamtrendite leisteten laut Bundesbank Ansprüche gegenüber Versicherungen, wobei auch deren Rendite seit 2016 deutlich abnahm. Der Beitrag von Wertpapieren war ebenfalls überwiegend positiv.