Metall- und Elektroindustrie

Tarifabschluss mit mehr Flexibilität

Der Pilot-Tarifabschluss in der Metall- und Elektroindustrie liegt im Gesamtvolumen bei 5,5% verteilt über zwei Jahre. Ökonomen sprechen von einem „soliden Abschluss“ und einer „Kehrtwende zur Arbeitsplatzsicherung“.

Tarifabschluss mit mehr Flexibilität

Abschluss mit mehr Flexibilität

Metall-Tarifparteien einigen sich auf Lohnplus in zwei Stufen – Öffnungsklausel erweitert

Der Pilot-Tarifabschluss in der Metall- und Elektroindustrie liegt im Gesamtvolumen bei 5,5% verteilt über zwei Jahre. Unternehmen mit weniger Umsatzrendite als 2,3% können Einmalzahlungen aussetzen. Ökonomen sprechen von einem „soliden Abschluss“ und einer „Kehrtwende zur Arbeitsplatzsicherung“.

lz Frankfurt

Die Tarifparteien in der deutschen Metall- und Elektroindustrie haben sich nach einem 18-stündigen Verhandlungsmarathon auf einen Pilot-Tarifabschluss geeinigt. Die rund 3,9 Millionen Beschäftigten der Branche erhalten von April an 2,0% mehr Geld, ein Jahr später gibt es noch einmal 3,1% mehr. Vorgeschaltet ist eine verschiebbare Einmalzahlung von 600 Euro. Außerdem werden weitere Leistungen flexibler gestaltet, um schwachen Betrieben Bewegungsspielraum zu geben. Allerdings müsse ihre Nettoumsatzrendite am Jahresende schon auf weniger als 2,3% fallen, schränkt die IG-Metall ein.

Insgesamt läuft der Tarifvertrag über 25 Monate. Die IG Metall bezifferte das Gesamtvolumen der dauerhaften Entgelterhöhungen am Dienstag in Hamburg auf 5,5%. Die IG-Metall-Vorsitzende Christiane Benner sprach von einem „soliden Abschluss in herausfordernden Zeiten.“ Gesamtmetall-Präsident Stefan Wolf sieht zwar keinen Grund zur Euphorie, zeigt sich aber zufrieden, weil in widrigen Zeiten auch ein Signal der Stabilität, Planbarkeit und Kompromissfähigkeit gesendet werde; ein Verhalten, das er in der Politik vermisse.

Lob für Ergebnisse

Formal gilt der Abschluss zunächst nur für Bayern und den Tarifbezirk Küste im Norden. Arbeitgeber und IG Metall wollen die Übernahme aber auch den anderen Tarifbezirken empfehlen.

Experten lobten das Ergebnis der Verhandlungen. „Das ist ein sehr maßvoller Abschluss“, sagte Thomas Gitzel, Chefökonom der VP Bank. Mehr wäre angesichts von Entlassungen in vielen Firmen nicht gerechtfertigt gewesen. Chefvolkswirt Carsten Brzeski von ING sprach von einer „deutlichen Kehrtwende: weg von starken Lohnerhöhungen zum Ausgleich von Kaufkraftverlusten, hin zu Arbeitsplatzsicherung“.

Kompromisse auf beiden Seiten

Flankiert wird der Abschluss durch eine Reihe von flexiblen Einmalzahlungen, Rücksichtnahmen gegenüber den Beziehern niedriger Löhne und den Tarifen für Auszubildende. Darauf hat vor allem die IG Metall Wert gelegt. Die Arbeitgeber setzten sich vor allem bei der Laufzeit durch und hatten auf langfristige Planungssicherheit gepocht – und mit 25 Monaten auch bekommen.

Die IG Metall hatte zunächst 7% mehr Geld bei zwölf Monaten Laufzeit gefordert, die regionalen Arbeitgeber hatten 3,6% mehr in zwei Stufen über 27 Monate angeboten – wobei die erste Erhöhung erst für Juli 2025 geplant war. „Das ist kein Abschluss, für den wir gefeiert werden“, sagt der Verhandlungsführer der IG Metall Küste, Daniel Friedrich, mit Blick auf die Sieben-Prozent-Forderung. Er bringe aber Stabilität. Die Forderung sei in wirtschaftlich stabileren Zeiten entstanden. Längst spürten die Kollegen die wachsenden Unsicherheiten.

Erleichterung bei Volkswagen?

Der Pilotabschluss ist nach Ansicht von IG-Metall-Vorsitzender Christiane Benner auch ein Signal für die Verhandlungen bei Volkswagen über einen neuen Haustarifvertrag. Dort ist die nächste Tarifrunde für den 21. November verabredet.

Das maßvolle Ergebnis dürfte für etwas Entspannung sorgen, erwartet Benner. Doch habe der Konzern nicht nur Kostenprobleme, sondern auch eine falsche Modellpolitik betrieben und sei industriepolitisch unter Druck. Für das eine sei das Management verantwortlich, und beim anderen müsse die Politik für Entspannung sorgen. Für einzelne Werke wie das gefährdete in Osnabrück, aber auch die VW-Töchter Audi und Porsche, gilt der Flächentarif.


Kommentar zum Pilotabschluss in der Metall- und Elektrobranche

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