Tauben und Falken beziehen Position
Der Präsident der Federal Reserve Bank of Atlanta hat im Ringen um den weiteren geldpolitischen Kurs der US-Notenbank Position bezogen und macht sich für nur eine Zinserhöhung 2019 stark. Im Offenmarktausschuss der Fed haben unter den Chefs der regionalen Zweigstellen aber schon bald die Falken die Oberhand.sp New York – Die Währungshüter der US-Notenbank stehen 2019 vor einer besonders schwierigen Aufgabe. Während die US-Volkswirtschaft laut einschlägigen Indikatoren noch auf vollen Touren läuft und geldpolitisch auf den ersten Blick einen strammen Kurs vorgibt, hat sich in den vergangenen Monaten wachsende Unsicherheit und große Skepsis mit Blick auf die konjunkturellen Aussichten unter den Marktteilnehmern ausgebreitet. Die Fed versucht zu einer weichen Landung anzusetzen, ohne die Volkswirtschaft, wie von geldpolitischen “Tauben” befürchtet, mit zu schnellen Zinserhöhungen in eine Rezession zu stürzen. Gleichzeitig wollen geldpolitische “Falken” im Federal Open Market Committee (FOMC) die Zinsen nicht auf einem historisch niedrigen Niveau verharren lassen, weil das ihrer Einschätzung nach die Stabilität des Finanzsystems gefährdet.Wenn heute das Protokoll der bisher letzten Sitzung des FOMC im Dezember veröffentlicht wird, an dessen Ende die Währungshüter die vierte Zinserhöhung des abgelaufenen Turnus beschlossen haben, werden Marktbeobachter nach Hinweisen suchen, wie die Notenbank im neuen Jahr zwischen den Risiken navigieren will. Mit Spannung erwartet wird auch bereits das erste Treffen des Offenmarktausschusses im neuen Turnus, über dessen Ergebnis Notenbankchef Jerome Powell in drei Wochen Auskunft geben wird. Bei einem Auftritt an einer Konferenz der American Economic Association hat Powell am Freitag bereits Signale gesendet, dass sich die Währungshüter zunächst eine Pause verordnen könnten. Das entspricht auch den meisten Erwartungen im Markt, der derzeit mit einer Zinserhöhung für 2019 rechnet.In die gleiche Richtung tendiert offenbar der Präsident der Federal Reserve Bank of Atlanta, Raphael Bostic, der sich am Montag vor der American Economic Association in Stellung brachte. Er sei für nur einen Zinsschritt 2019, legte sich Bostic fest. Die Notenbank solle nicht zu aggressiv vorgehen, ergänzte er. Schließlich gebe es Wolken am Konjunkturhimmel, und viele Geschäftsleute seien nicht mehr so zuversichtlich wie zuvor. Tatsächlich rechneten zuletzt bereits fast die Hälfte der regelmäßig von der Duke University befragten Finanzchefs von US-Unternehmen schon zum Ende des laufenden Turnus mit einer Rezession.Bostic nimmt wie alle anderen Präsidenten der zwölf regionalen Fed-Ableger zusammen mit allen Mitgliedern des Board of Governors der Fed an den Diskussionen des FOMC teil. Anders als im vergangenen Jahr wird er 2019 aber keine Stimme im Offenmarktausschuss haben, wenn es um die Entscheidung über weitere Zinserhöhungen geht. Denn außer John Williams, dem Chef der Federal Reserve Bank of New York, hat kein Regionalpräsident eine feste Stimme im FOMC. Die Stimmen der Fed-Chefs aus Atlanta, Cleveland, Richmond und San Francisco gehen bei der ersten Sitzung des Offenmarktausschusses 2019 auf die Präsidenten aus Boston, Chicago, Kansas City und St. Louis über. Bostic kann erst 2021 wieder mit über den geldpolitischen Kurs abstimmen.Die Entscheidungen des Offenmarktausschusses werden in den meisten Fällen einstimmig gefällt. Dass mit Esther George, der Notenbankpräsidentin aus Kansas City, 2019 ein ausgewiesener Falke stimmberechtigt sein wird und auch die Kollegen Charles Evans aus Chicago und Eric Rosengren aus Boston eher den Verfechtern eines strammen geldpolitischen Kurses zugerechnet werden, kann deshalb für die ohnehin heikle Kommunikation der Notenbank über ihren Kurs bedeutsam werden. Kansas City votiert dagegenSeit sie im Oktober 2011 die Führung der Zentralbankfiliale übernommen hat, war George bei insgesamt 18 Sitzungen des Offenmarktausschusses stimmberechtigt und hat immerhin elfmal gegen die Mehrheitsbeschlüsse des FOMC gestimmt. Als erstes FOMC-Mitglied seit 1986 hat sie gleich bei ihrer ersten Abstimmung gegen die Mehrheitsmeinung Position bezogen, wobei sie damals die einzige Gegenstimme war. George führt den Kurs ihres Vorgängers Thomas Hoenig fort, der 2010 in allen acht Sitzungen des Offenmarktausschusses gegen weitere Lockerungen der Geldpolitik gestimmt hatte.—– Personen Seite 12