Tauwetter zwischen Rom und Brüssel

Renzi fordert keine weiteren EU-Zugeständnisse

Tauwetter zwischen Rom und Brüssel

tkb Rom – EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker und Italiens Regierungschef Matteo Renzi haben am Freitag bei einem Treffen Anstrengungen unternommen, um das zuletzt teils schwierige Verhältnis zwischen der EU und Rom zu entspannen. “Meine Kommission besteht nicht aus Technokraten und Bürokraten, die eine dumme, wenig kompetente und blinde Austerity-Politik befolgen”, räumte Juncker gegenüber Renzi als Gegner einer zu rigiden Sparpolitik ein. Renzi seinerseits überraschte damit, dass er sich mit den Flexibilitätsregeln der EU-Politik voll einverstanden zeigte und keine weiteren Zugeständnisse forderte.Italiens Regierungschef hat seit jeher weniger auf Spar- und mehr auf Wachstumskurs gesetzt und so Brüssel im Allgemeinen und Juncker im Besonderen kritisiert. Nach einem zweistündigen Arbeitsessen und einer gemeinsamen Pressekonferenz schienen die einstigen Zwistigkeiten der beiden Politiker nun – zumindest vorerst – vom Tisch zu sein. Vorher hatte Juncker Staatspräsident Sergio Mattarella, die Spitzen des Parlaments und seinen alten Freund, Mattarellas Vorgänger Giorgio Napolitano, getroffen.Angeblich erwartete Rom eine finale Einigung im Streit um das italienische Budget. Diese wurde nicht erzielt, doch die gegenseitigen Spannungen haben sich entschärft. Renzi versicherte, den Schuldenabbau voranzutreiben – “nicht weil es Brüssel fordert, sondern weil wir es unseren Kindern schuldig sind”. Er verwies auf wachsende ausländische Investitionen in Italien und auf weniger Arbeitslose. Doch beim Schuldenabbau wird Renzi auf Schwierigkeiten stoßen. Denn die prognostizierte Wachstumsverlangsamung und ein Aufschub der Privatisierungsvorhaben stellen den für 2016 angekündigten Schuldenabbau in Frage. Im Jahr 2015 belief sich die Gesamtverschuldung auf 132,6 % des Bruttoinlandsprodukts. Ein weiterer Schwachpunkt ist die geringe Profitabilität bei Banken und Firmen.Renzi verwies darauf, dass Rom seine “Hausaufgaben” ernst nehme und als seriöser EU-Partner – im Gegensatz zu anderen – deren Regeln befolge. Das gelte etwa beim Abbau der Verstöße gegen EU-Auflagen. Als Renzi vor zwei Jahren das Amt übernahm, waren 121 Verstöße gemeldet – heute sind es 83.Vor seiner Reise habe Juncker seinen Mitarbeitern gesagt, er fliege nach Rom, um Brücken zu bauen, und nicht, um diese abzureißen, so der Kommissionspräsident. Er lobte die Fortschritte, die Italien mit den eingeleiteten Reformen gemacht habe und verwies auf die humanitären Erfolge in der Flüchtlingspolitik: “Italien ist kein Problem mehr, sondern zum Modell avanciert.”