Tauziehen um Fed-Kredite

Powell betont prekäre Wirtschaftslage - Mnuchin will Hilfen auslaufen lassen

Tauziehen um Fed-Kredite

Vor dem US-Kongress verfestigt sich der ungewöhnliche Streit zwischen Notenbank und Finanzministerium über ein kaum genutztes Hilfsprogramm der Federal Reserve. Fed-Chef Powell dringt auf eine Verlängerung -muss aber eingestehen, dass Finanzminister Mnuchin am längeren Hebel sitzt.det Washington – Der ungewöhnliche Streit zwischen den Chefs von Notenbank und Finanzministerium in den USA setzt sich fort. Bei einer Anhörung im Kongress unterstrichen Fed-Chef Jerome Powell und Finanzminister Steven Mnuchin ihre entgegensetzten Sichtweisen: Powell will Hilfen der Notenbank für Firmen über das Jahresende hinaus verlängern, Mnuchin sperrt sich.Im Mittelpunkt des Tauziehens steht das im März aufgelegte “Main Street Lending Program”. Das in fünf Kreditfazilitäten gegliederte Programm, das mit einer Kapitalspritze von 75 Mrd. Dollar teilweise vom Finanzministerium gedeckt ist, befähigt die Notenbank, an kleine Unternehmen insgesamt bis zu 600 Mrd. Dollar an Darlehen zu verteilen. Wegen der strengen Auflagen wurden die Kredite aber spärlich in Anspruch genommen – für Mnuchin ein Argument, das Programm wie vorgesehen zum Jahresende auslaufen zu lassen.Anders schätzt der oberste Währungshüter die Lage ein. Powell wies vor dem Bankenausschuss des Senats darauf hin, dass die Fed mit den Käufen von Staats- und Unternehmensanleihen die Möglichkeit hat, etwa 2 Bill. Dollar an Liquidität in die Wirtschaft zu pumpen. “Die Hilfsprogramme dienen als Sicherheitsnetz für die Märkte” und hätten inmitten der vom Coronavirus ausgelösten Rezession die Kreditmärkte stabilisiert, unterstrich Powell. Trotz geringer Inanspruchnahme stelle allein die Existenz des Programms dringend notwendiges Vertrauen in den Märkten her, bekräftigte er.Mnuchin hielt dem entgegen, dass 455 Mrd. Dollar an ungenutztem Geld, die als Ergebnis des Konjunkturpakets freigesetzt wurden, ans Finanzministerium zurücküberwiesen werden sollten. Quasi als Startkapital könne dies dann der Ausgangspunkt für ein weiteres Konjunkturpaket sein, das der Kongress in Abstimmung mit der Regierung verabschieden muss und welches “amerikanischen Arbeitern sowie kleineren Firmen hilft, die weiter mit den Folgen der Corona-Pandemie zu kämpfen haben”, sagte Mnuchin. Neues KonjunkturpaketPowell räumte ein, dass die Entscheidung über die Rücküberweisung der ungenutzten Mittel beim Finanzminister liege und die Fed der Aufforderung nachkommen werde. Gleichwohl unterstrich er, dass sich die Wirtschaft weiterhin auf ausgesprochen brüchigem Boden bewege und die Zukunftsaussichten “außerordentlich unsicher sind”. Positiv hob er Fortschritte bei der Entwicklung von Impfstoffen hervor. Erste Zulassungsanträge laufen. Gleichwohl sei erst mit einer vollständigen Erholung zu rechnen, wenn Menschen ausreichend Vertrauen haben, um in uneingeschränktem Maße ihren täglichen Aktivitäten nachzugehen.Mit oder ohne das strittige Hilfsprogramm bleiben jene 120 Mrd. Dollar, die die Fed jeden Monat für Anleihekäufe ausgibt, von dem Disput mit dem Finanzamt unberührt. Ein weiterer Hoffnungsschimmer für die amerikanische Wirtschaft besteht darin, dass sich Republikaner und Demokraten im Senat auf Eckpunkte eines neuen Hilfsprogramms im Wert von 908 Mrd. Dollar geeinigt haben. Vorgesehen sind 288 Mrd. Dollar an Krediten, um Klein- und Mittelbetriebe über Wasser zu halten. Zudem sollen 160 Mrd. Dollar an die Bundesstaaten gehen und diesen helfen, ihre Arbeitslosenhilfe auszuweiten.Unklar ist allerdings noch, ob der Vorstoß im Plenum beider Kongresskammern Chancen haben wird. Bisher hatten die Demokraten auf mindestens 2,2 Bill. Dollar an neuen Hilfen bestanden und im Mai im Repräsentantenhaus ein entsprechendes Gesetz gebilligt. Die Republikaner wollten deutlich weniger bereitstellen und zumindest bisher demokratisch regierten Staaten den Geldhahn abdrehen.