LEITARTIKEL

Telefon statt Twitter

Kommunikation via soziale Medien hat bekanntlich ihre Tücken. Wenn der direkte Sprachkontakt und der persönliche Touch fehlen, kommt es zu Wahrnehmungsdifferenzen, die auf staatlicher Ebene verheerend sein können. Die Twitter-Salven des...

Telefon statt Twitter

Kommunikation via soziale Medien hat bekanntlich ihre Tücken. Wenn der direkte Sprachkontakt und der persönliche Touch fehlen, kommt es zu Wahrnehmungsdifferenzen, die auf staatlicher Ebene verheerend sein können. Die Twitter-Salven des amerikanischen Präsidenten Donald Trump hatten über Wochen hinweg eine geradezu katastrophale Verschlechterung der Beziehungen zwischen den USA und China signalisiert. Nun ist es zu einem ersten Telefonat zwischen Trump und Chinas Präsidenten Xi Jinping gekommen und die bilateralen diplomatischen Welten sehen schon wieder etwas heiler aus.Das Ergebnis des Gesprächs wurde nicht per Twitter, sondern in einer Erklärung Trumps vor laufenden Kameras verbreitet und man hörte erstaunlich artige Formulierungen über ein positives Gesprächsklima und die Aussicht auf gute Zusammenarbeit zwischen den beiden führenden Weltmächten. Wichtiger noch, der neue US-Präsident steht nun “on the record” mit der Beteuerung, dass die USA auch künftig die sogenannte Ein-China-Politik und damit den diplomatischen Status Taiwans in der bisherigen Art und Weise akzeptieren.Die Ein-China-Politik besagt, dass das 1949 nach dem chinesischen Bürgerkrieg zwischen Kommunisten und der nationalchinesischen Kuomintang abgespaltene und seitdem separat regierte Taiwan völkerrechtlich kein eigenes Land darstellt und es folglich nur “ein China” gibt. Zuvor allerdings hatte Trump diesen von Washington und fast allen Ländern auf der Welt seit Jahrzehnten gewahrten Konsens per Twitter in Frage gestellt und als Verhandlungsgegenstand im Abgleich mit sonstigen bilateralen Konfliktthemen deklariert. Dies hätte wohl bedeutet, dass die Trump-Regierung ihre Sichtweise des Taiwan-Status von handelspolitischen Konzessionen Chinas abhängig macht, oder sich gar aktiv für eine Unabhängigkeit Taiwans einsetzt, was die Region mit einem Schlag zum Pulverfass machen würde.Chinas Machthabern dürfte ein Stein um nicht zu sagen Riesenbrocken vom Herzen gefallen sein. Die grundsätzliche Respekterweisung in Sachen nationaler Souveränität ist erfolgt. Nun kann man auf einer gewohnten diplomatischen Basis das Konfliktmanagement in der überaus diffizilen Abklärung von handelspolitischen und sicherlich auch geopolitischen Interessen zwischen beiden Ländern angehen. Hier gibt es eine Parallele zur damals bahnbrechenden China-Visite des (als unberechenbarer Hardliner geltenden) US-Präsidenten Richard Nixon im Jahre 1972, mit der die diplomatische Eiszeit des Mao-Regimes mit dem Westen beendet wurde. Es kam erstmals zu einem persönlichen Kontakt zwischen den Staatsoberhäuptern der USA und des kommunistischen Chinas und es wurde mit dem sogenannten Shanghai Communiqué jene Akzeptanz des Ein-China-Prinzips gewährleistet. Dies schuf eine Basis, um kriegerische Auseinandersetzungen zwischen zwei Atommächten zu verhindern.Mit dem jetzt erfolgten Reboot im Kommunikationsverhältnis zwischen den USA und China ist die Regierung Trump aus Sicht Pekings freilich nicht berechenbarer geworden. Sicherlich hofft man in Peking insgeheim, dass sich Trump nun zunächst einmal andere potenzielle handelspolitische Gegner “zurechtstellt”. Jetzt steht erst einmal ein persönliches Treffen zwischen Trump und Xi im Raum, das zu einem baldigen Zeitpunkt erfolgen soll. Bis dahin wird man von chinesischer Seite sicherlich alles Erdenkliche tun, um die Tonlage freundlich zu halten und Washington möglichst nicht zu reizen.Konkret gilt es zum einen, den Abwärtstrend des Yuan zum Dollar möglichst zu begrenzen, um “Bad News” an der Währungsfront zu vermeiden; man will die im Trump-Lager schwelende Diskussion, China offiziell als Währungsmanipulator zu brandmarken, möglichst nicht anheizen. Zum anderen wird man sicherlich “Good News” zu schaffen versuchen und eifrig Kooperationsprojekte auf wirtschaftlicher, kultureller und infrastruktureller Basis anregen. Ob es etwas hilft, die von Trump im Wahlkampf und einem Buch angekündigten handelspolitischen Strafmaßnahmen zu entschärfen oder zumindest zu verzögern, bleibt dahingestellt. Wenigstens aber ist jetzt Anlass zur Hoffnung, dass auf persönlicher Ebene die Chemie zwischen Trump und Xi einigermaßen stimmt beziehungsweise nicht hochentzündlich ist. Das ist schon einmal eine ganz wesentliche Voraussetzung, um Feindbilder abzubauen und damit auch die Gefahr von weltweit destabilisierenden “Kriegsakten” an der Handelsfront zu mindern.——–Von Norbert HellmannEin erstes Telefonat zwischen den Präsidenten Chinas und der USA glättet politische Wogen. Nun kann der eigentliche Streit über den Handel beginnen.——-