Top-Notenbanker ringen um EZB-Krisenpolitik

Umgang mit Notfallkaufprogramm PEPP im Fokus

Top-Notenbanker ringen um EZB-Krisenpolitik

rec Frankfurt – Vor der mit Spannung erwarteten Sitzung des EZB-Rats am 29. Oktober spitzt sich die Debatte über das weitere Vorgehen der Europäischen Zentralbank (EZB) zu. In Interviews setzten mehrere Notenbankchefs unterschiedliche Akzente. Während der Präsident der Banque de France, François Villeroy de Galhau, davor warnte, ein Auslaufen der Krisenhilfen in Aussicht zu stellen, betonte sein irischer Kollege Gabriel Makhlouf, es gebe derzeit keine Notwendigkeit nachzulegen. Finnlands Zentralbankchef Olli Rehn plädierte dafür, das Mandat der EZB künftig breiter auszulegen und dabei temporär höhere Inflationsraten zu dulden.Die Wortmeldungen kommen zu einem neuralgischen Zeitpunkt. Es deutet sich an, dass die konjunkturelle Erholung von dem rapiden Einbruch im zweiten Quartal Schwung verliert. Auch vielerorts rasant steigende Corona-Infektionszahlen und die Gefahr neuer, regionaler Lockdowns sorgen die EZB-Granden.Diese Gemengelage schürt Spekulationen, dass die EZB ihr 1,35 Bill. Euro schweres und bis Juni 2021 befristetes Notfallanleihekaufprogramm PEPP (Pandemic Emergency Purchase Programme) aufstockt – spätestens im Dezember, womöglich früher. Bundesbankchef Jens Weidmann hatte solchen Erwartungen kürzlich im Interview mit der Börsen-Zeitung Einhalt geboten (vgl. BZ vom 8. Oktober). Frankreichs Notenbankchef Villeroy de Galhau warnte nun davor, Hilfen vorschnell einzustellen. “Wir haben betont, dass wir unsere Maßnahmen fortführen werden, bis die Krise vorüber ist”, sagte er dem “Spiegel”. “Angesichts der unsicheren Lage wäre es ein Fehler, jetzt schon über ein Enddatum (für das PEPP) zu entscheiden.” Wie der Franzose schloss Irlands Notenbankchef Makhlouf weitere Schritte nicht aus, betonte aber, er sehe aktuell keinen Grund, die geldpolitischen Impulse zu verstärken. “Derzeit glaube ich nicht, dass es in Bezug auf die Geldpolitik – einen Monat nach unseren vorherigen Prognosen – neue Anhaltspunkte gibt, die uns bewegen würden, unsere Meinung zu ändern”, sagte Makhlouf bei Bloomberg TV.Laut Basisszenario erwartet die EZB, dass die Wirtschaftsleistung im Euroraum 2020 um 8,0 % einbricht. Der Internationale Währungsfonds rechnet mit – 8,3 %. Die Rezession dürfte deutlich tiefer ausfallen als in anderen großen Volkswirtschaften.Finnlands Notenbankchef Olli Rehn verwies laut Reuters darauf, dass “einige der jüngsten Indikatoren, vor allem im Dienstleistungssektor”, zuletzt schwächelten. Mit Blick auf die laufende Strategieüberprüfung forderte er, den Arbeitsmarkt stärker zu berücksichtigen, selbst wenn dadurch die Inflation zeitweise über das Ziel hinausschießen sollte. Ähnliches will Villeroy de Galhau. Bestrebungen, nach Jahren mit Raten weit unter den bislang angestrebten knapp 2 % künftig längere Phasen erhöhter Inflation zu tolerieren, stoßen allerdings auf Skepsis, nicht zuletzt bei der Bundesbank.