In exklusiver Umfrage

Top-Ökonomen plädieren für EZB-Zinserhöhung

Die EZB steckt in einem Dilemma aus weiter zu hoher Inflation einerseits und zunehmenden Rezessionsängsten andererseits. Der Ausgang der wegweisenden Zinssitzung am Donnerstag ist deshalb komplett offen. Die Börsen-Zeitung hat führende Ökonomen befragt.

Top-Ökonomen plädieren für EZB-Zinserhöhung

Top-Ökonomen plädieren für EZB-Zinserhöhung

ms Frankfurt

Unmittelbar vor der wegweisenden Zinssitzung der Europäischen Zentralbank (EZB) am Donnerstag raten führende deutsche Ökonomen zu einer erneuten Zinserhöhung. Sowohl der Wirtschaftsberater von Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP), Lars Feld, als auch die Chefin der Wirtschaftsweisen, Monika Schnitzer, plädieren in einer Umfrage der Börsen-Zeitung für eine Zinsanhebung. Rückendeckung kommt auch von dem früheren EZB-Ratsmitglied und international renommierten Geldpolitikexperten Athanasios Orphanides.

Der EZB-Rat kommt am Donnerstag zu einer sehr wichtigen Sitzung zusammen, und der Ausgang ist auch kurz vorher komplett offen – was sehr ungewöhnlich ist. Denkbar ist eine weitere Zinserhöhung oder eine Zinspause. Hintergrund für die Unklarheit und Unsicherheit ist das Dilemma aus weiter zu hoher Inflation und zunehmenden Konjunktursorgen. Seit Juli 2022 hat der EZB-Rat seine Leitzinsen um 425 Basispunkte erhöht – so aggressiv wie nie zuvor.

„In den vergangenen Wochen hat sich gezeigt, dass die Inflation im Euroraum sehr hartnäckig ist. Zugleich haben sich die konjunkturellen Aussichten weiter eingetrübt. Ich könnte daher nachvollziehen, wenn die EZB zunächst eine Zinspause einlegen würde “, sagt nun Feld in der Umfrage der Börsen-Zeitung, fügt aber hinzu: „Gleichwohl wird sie kaum an einer weiteren Zinserhöhung vorbeikommen. Es wäre besser, diese nicht hinauszuzögern.“

Auch die Wirtschaftsweise Schnitzer plädiert für einen solchen Schritt. Trotz aller Fortschritte „ist die Inflation immer noch zu hoch“, sagt sie. „Angesichts der jüngst etwas abflauenden wirtschaftlichen Dynamik erscheint in der aktuellen Situation eine moderate Zinsanhebung von 25 Basispunkten vertretbar“, so Schnitzer. „Die EZB muss die Zinsen stärker anheben, um die Inflation auf 2% zu senken. Weder eine zu niedrige Inflation noch eine Inflation von mehr als 2% ist im besten Interesse des Euroraums“, sagt auch Orphanides, Professor an der MIT Sloan School of Management und früher als Zentralbankchef Zyperns Mitglied des EZB-Rats.

Gegen eine weitere Zinserhöhung spricht sich dagegen der frühere EZB-Vizepräsident Vítor Constâncio aus. „Nach Zinserhöhungen um 425 Basispunkte sehen wir nun, dass die Eurozone im ersten Halbjahr nicht gewachsen ist und auf eine Rezession zusteuert. Normalerweise ist eine Zinserhöhung in einer Rezession nicht notwendig“, sagt er. Aber tatsächlich glaubt er, dass die Anhebung kommen wird.

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