Tory-Rebellen wollen "No Deal"-Brexit verhindern

Drei Zusätze zum Austrittsvertrag zurückgezogen - Mays Plan fällt im Parlament durch

Tory-Rebellen wollen "No Deal"-Brexit verhindern

hip London – Speaker John Bercow hat durch seine Auswahl der zur Brexit-Abstimmung im Unterhaus zugelassenen Zusätze zum Deal von Theresa May für klare Verhältnisse gesorgt. Er lehnte zwei Amendments ab, die es Abgeordneten, die den sogenannten Backstop kritisch sehen, ermöglicht hätten, für den im Namen der Premierministerin ausgehandelten Deal zu stimmen, was aber nicht der Fall war.Eines der abgeschmetterten Amendments hatte Andrew Murrison vorgelegt, der konservative Vorsitzende des Nordirlandausschusses. Es hätte der Notlösung, mit deren Hilfe eine “harte” Grenze durch Irland vermieden werden soll, ein Verfallsdatum gesetzt: den 31.12.2021. Das andere stammte vom Tory-Außenpolitikexperten Hugo Swire. Es hätte die Zustimmung des Parlaments zur Voraussetzung dafür gemacht, dass der Backstop in Kraft treten kann, und die Regierung in diesem Fall gezwungen, sich binnen eines Jahres mit der EU über die künftigen Beziehungen zu einigen. Drei der vier Amendments, die Bercow schließlich auf die Tagesordnung gesetzt hatte, wurden letztlich zurückgezogen. Sowohl Labour als auch die schottischen Nationalisten verzichteten darauf, über ihre Zusätze abstimmen zu lassen. Vermutlich stand dahinter die taktische Überlegung, ein “sauberes” Urteil über Mays Deal ermöglichen zu wollen. Backstop-Zusatz abgelehntDer einzig übrig gebliebene Zusatz beschäftigte sich ebenfalls mit dem Backstop. Das Amendment des konservativen Euroskeptikers John Baron beinhaltete die Möglichkeit, die Vereinbarungen zu Nordirland einseitig aufzukündigen. Lediglich 24 Abgeordnete stimmten dafür, 600 dagegen. May hatte zuvor keinen Zweifel daran gelassen, dass der Backstop im Austrittsabkommen unantastbar ist. Hätte das Parlament dem Zusatz Barons zugestimmt, wäre vielleicht der ein oder andere Euroskeptiker doch noch geneigt gewesen, dem Austrittsvertrag eine Chance zu geben. Mays Verhandlungsteam hätte das jedoch in eine schwierige Position versetzt. In der achttägigen Debatte hatten sich insgesamt 381 Abgeordnete zu Wort gemeldet, einige davon mehrfach. Das Unterhaus tagte insgesamt fast 56 Stunden.Ihre europafreundlichen Gegner unter den Konservativen gehen zum Teil davon aus, dass sich May schon heute auf den Weg nach Brüssel machen wird, um erneut Zugeständnisse zu verlangen. Mays Glaubwürdigkeit hängt allerdings vom Ausmaß ihrer Abstimmungsniederlage ab. Wenn niemand mehr glaubt, dass sie ihren Deal in einem weiteren Anlauf durchs Parlament bringen kann, dürfte die Bereitschaft zu einem Entgegenkommen gering sein. Sollte May in die belgische Hauptstadt reisen, könnte sie schon am Montag ihren Deal erneut dem Unterhaus vorlegen – gegebenenfalls in nachgebesserter Form. Wann dann darüber abgestimmt würde, weiß allerdings niemand so genau.Aber für den Fall, dass die Regierung auch dann keine Mehrheit im Parlament finden sollte, hat eine Reihe von Tory-Rebellen das “European Union Withdrawal (No.2) Bill” veröffentlicht – einen Gesetzesvorschlag, der May zunächst weitere drei Wochen Zeit für einen Plan B geben würde. Sollte sie dann aber immer noch keinen Erfolg im Parlament haben, würde die Verantwortung dafür, einen Kompromiss zu erzielen, dem mächtigen Liaison Committee des Unterhauses übertragen. Dabei handelt es sich um einen ständigen Verbindungsausschuss, dem die Vorsitzenden der anderen ständigen Ausschüsse angehören. Dadurch würde das Parlament die Kontrolle über den Austrittsprozess erlangen. Zu den Unterstützern des Gesetzesvorschlags, der auch von Labour-Politikern mitgetragen wird, gehören die ehemalige Bildungsministerin Nicky Morgan sowie die beiden “Cameroons” Nick Boles und Oliver Letwin.Labour dürfte einen Misstrauensantrag gegen ihre Regierung einbringen. Allerdings ist nicht damit zu rechnen, dass sich dafür eine Mehrheit im Unterhaus findet.