NOTIERT IN WASHINGTON

Trump nimmt Anlauf zu einem Eigentor

Hat US-Präsident Donald Trump womöglich ein spielentscheidendes Eigentor geschossen? Der Präsident soll außer sich gewesen sein, als er erfuhr, was sein designierter Justizminister William Barr vor dem Rechtsausschuss des Senats anlässlich seiner...

Trump nimmt Anlauf zu einem Eigentor

Hat US-Präsident Donald Trump womöglich ein spielentscheidendes Eigentor geschossen? Der Präsident soll außer sich gewesen sein, als er erfuhr, was sein designierter Justizminister William Barr vor dem Rechtsausschuss des Senats anlässlich seiner Bestätigungsanhörung aussagen würde. Wie aus dem schriftlichen Protokoll seiner Auftakterklärung hervorging, von dem es beim Live-Auftritt nicht die geringsten Abweichungen gab, sagte der Jurist doch allen Ernstes, dass es “außerordentlich wichtig” sei, Sonderermittler Robert Mueller völlig ungehindert seiner Arbeit nachgehen und einen Abschlussbericht verfassen zu lassen.Für jeden, der an Rechtsstaatlichkeit und staatliche Gewaltenteilung glaubt, mag es zwar selbstverständlich erscheinen, dass Mueller ohne Druck seitens des Präsidenten seine Ermittlungen abschließen kann. Anders sieht es natürlich Trump, der Barr vermutlich deswegen nominiert hat, weil er sich kritisch über Mueller geäußert hatte.Barr vertrat in einem langen Brief an das Justizministerium, den demokratische Kritiker als “Bewerbungsschreiben” geißelten, die Ansicht, dass der frühere FBI-Direktor den Bogen überspannt habe, als er begann, auch möglicher Behinderung der Justiz durch den Präsidenten nachzugehen. Muellers ursprünglicher Auftrag war es ja, festzustellen, ob das Trump-Lager mit dem Kreml zusammengearbeitet hatte, um den Ausgang der US-Präsidentschaftswahl zugunsten des siegreichen Republikaners zu beeinflussen.Folgerichtig wäre die Annahme, dass Trump darauf setzt, dass sein neuer Justizminister, der die Aufsicht über die Ermittlungen hat, Mueller das Handwerk legt. Mitnichten. Barr, der bereits unter Präsident George H. W. Bush Justizminister war, legte zum Leidwesen des Präsidenten sogar noch nach. Weder werde er sich “einschüchtern lassen”, noch werde er zulassen, dass irgendjemand anders sich in Muellers Ermittlungen einmischt, die alles andere als jene “Hexenjagd” seien, über die Trump seit mehr als eineinhalb Jahren unermüdlich auf Twitter schimpft.Man darf gespannt sein, wie sich das Verhältnis zwischen dem Präsidenten und seinem neuen Justizminister entwickeln wird, der bestätigt werden dürfte und bald sein Amt bekleiden wird. Schließlich hatte Trump seinen ersten Justizminister Jeff Sessions deswegen vor die Tür gesetzt, weil er sich aus den Mueller-Ermittlungen zurückgezogen hatte und somit außerstande war, diesen einen Riegel vorzuschieben. Barr hat nicht gesagt, ob er dasselbe täte wie Sessions. Dennoch hat er klargemacht, dass er, wenn sein Chef ihn ohne triftigen Grund auffordert, den Sonderermittler rauszuschmeißen, die Anweisung ignorieren würde. Alles deutet also darauf hin, dass Trump und seinem neuen Minister, wie auch zahlreichen anderen, turbulente Zeiten bevorstehen. *Für den mittlerweile längsten “Shutdown” in der amerikanischen Geschichte ist kein Ende in Sicht, und mittlerweile hinterlässt der Verwaltungsstillstand tiefe Spuren. John Cannon etwa, der in Alaska für die Küstenwacht arbeitet, sagt, dass “ich einen Druck spüre wie nie zuvor, ich habe Angst, weder meine Miete zahlen zu können noch für meine Familie Lebensmittel bezahlen zu können”. Wie bei 42 000 seiner Kollegen der U.S. Coast Guard, von denen viele an gefährlichen Missionen teilnehmen, standen auf seiner Gehaltsabrechnung am Dienstag “nichts außer lauter Nullen” klagte Cannon.Er ist kein Einzelfall. Deswegen aber Verständnis seitens der Politiker in Washington zu erwarten, ist dennoch naiv. Beamte warten nicht nur auf ihr Geld. Viele, die beurlaubt sind, wurden nun obendrein angewiesen, unbezahlt zur Arbeit zu erscheinen. Darunter 36 000 Mitarbeiter der Steuerbehörde IRS und 3 000 öffentlich Bedienstete, die für Sicherheit im zivilen Flugverkehr zuständig sind. Präsident Trump lud moderate Demokraten ins Weiße Haus ein, um für seine Grenzmauer zu werben und somit einen Kompromiss zu finden. Doch die lächerliche Foto-Operette wollte ihm die Oppositionspartei um keinen Preis gönnen. Denn der Versuch, die Demokraten zu spalten, scheiterte kläglich, von einer Audienz bei Trump wollten die Demokraten nichts wissen.