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Trump steuert stramm Richtung Staatspleite

Börsen-Zeitung, 29.4.2017 Was würde man von einem Unternehmen halten, das dauerhaft mehr ausgibt, als es einnimmt, das seine Produkte mit Verlust verkauft und das zur Steigerung seines Marktanteils weitere Preisnachlässe ankündigt - mit der...

Trump steuert stramm Richtung Staatspleite

Was würde man von einem Unternehmen halten, das dauerhaft mehr ausgibt, als es einnimmt, das seine Produkte mit Verlust verkauft und das zur Steigerung seines Marktanteils weitere Preisnachlässe ankündigt – mit der Begründung, der damit erzielbare Mehrabsatz würde die Umsatz- und Gewinneinbußen aus der Preissenkung überkompensieren? Den CEO dieses Unternehmens würden die Eigentümer alsbald rausschmeißen: You’re fired! Das gleiche Schicksal müsste und wird womöglich auch Donald Trump widerfahren für seine Steuerreformpläne.Die bisher bekannt gewordenen Eckpunkte seiner Reformpläne für Körperschaftsteuer und Einkommensteuer lassen ein fiskalpolitisches Harakiri erwarten, sofern sie denn umgesetzt würden (vgl. BZ vom 28. April). Die Gegenfinanzierung der “größten Steuersenkung und Steuerreform in der Geschichte der USA” vor allem durch damit ausgelöste Wachstumsimpulse darstellen zu können erinnert an Münchhausen. Und natürlich an die sogenannte Laffer-Kurve, die unter Präsident Ronald Reagan zur Zauberformel der Steuerpolitik der Reaganomics wurde. Das Ergebnis ist bekannt: Reagans Steuersenkungen führten nicht zu Mehreinnahmen, sondern trieben das Haushaltsdefizit in die Höhe. Das spricht nicht zwingend gegen die wissenschaftliche Erkenntnis des Ökonomen Arthur B. Laffer, aber eindeutig gegen die Einbildung von Politikern, auf der Laffer-Kurve quasi herumrutschen zu können, um das optimale Verhältnis von Steuersatz und Steueraufkommen zu erreichen.Eins steht fest: Bei einem Körperschaftsteuerspitzensatz von 15 % wird das Laffer-Optimum jedenfalls nicht liegen. Deshalb befürchten Ökonomen wie auch Trumps politische Gegner völlig zu Recht, dass die Senkung des Spitzensteuersatzes von 35 auf 15 % für Unternehmen und die Absenkung und Vereinfachung der Einkommensteuertarife zu gravierenden Einnahmeausfällen und Budgetdefiziten führen würden. Die drohende Insolvenz der jetzt schon hoch verschuldeten USA könnte zum Dauerthema von Trumps Amtszeit werden – und sie vielleicht vorzeitig beenden. Erdrückende SchuldenlastDie öffentliche Verschuldung der USA würde springen. Ende 2016 lag sie bei fast 20 Bill. Dollar – bei einem Bruttoinlandsprodukt (BIP) von 18,5 Bill. Dollar -, und auch ohne Steuerreform würde der Schuldenberg wegen Trumps Ausgabenplänen zehn Jahre später schon auf 30 Bill. Dollar gewachsen sein. Schon beim jetzigen Zinsniveau würde der Schuldendienst dafür die USA erdrücken. Wollte die US-Notenbank ihre geldpolitische Normalisierung fortsetzen und die Zinsen weiter erhöhen, müsste Trump für die USA Insolvenz anmelden oder der Fed das Licht ausknipsen und selbst Geld drucken. Vor diesem Hintergrund erstaunt, wie aufgeregt und sorgenvoll in Deutschland auf Trumps unausgegorene Reformpläne reagiert wird. Lobbyisten der Industrie und Ökonomen der Wirtschaftsforschungsinstitute warnen vor einem Verlust der steuerlichen Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands. Damit werden leider zwei Dinge vermischt, die man besser auseinanderhalten sollte: Einerseits die Reaktion auf vermeintliches Steuerdumping durch die Vereinigten Staaten und andererseits die Frage, inwieweit das deutsche Steuersystem grundsätzlich reformbedürftig ist.Trumps Ankündigungen sollte man, wie schon zu anderen Themen, gelassen nehmen. Erstens fehlen ihm für radikale Schritte in der Steuerpolitik bisher die politischen Mehrheiten und die Unterstützung selbst in den eigenen Reihen, zweitens werden Steuerreformen selten so umgesetzt, wie sie angekündigt werden. Am Ende steht, zumindest in pluralistischen Gesellschaften, ein Steuersystem, in dem viele Gruppen ihre Interessen eingebracht haben, nicht nur Trumps Millionärsfreunde.Deutschland kann seit der Körperschaftsteuerreform von 2009 gottlob nicht mehr als Hochsteuerland gelten. Vor die Steuerzahlung haben der liebe Gott und das Finanzamt den Gewinn gesetzt. Deshalb sind die Möglichkeiten zur Gewinnerzielung mindestens so wichtig wie das Steuersystem, sprich offene Märkte, stabile politische Rahmenbedingungen, funktionierendes Rechtssystem, leistungsfähiger Arbeitsmarkt und vieles mehr. Man darf also nicht nur die Zahlungen an den Staat sehen, man muss auch sehen, was Staat und Gesellschaft im Gegenzug bieten. All das gehört zum Thema Standortqualität und Wettbewerbsfähigkeit.Dass gerade die USA in diesem Punkt ein gewaltiges Defizit gegenüber anderen Ländern und insbesondere Deutschland auszeichnet, ist ja ein Thema, das den US-Präsidenten so sehr umtreibt und das sich nicht allein in ungleichen Handelsbilanzen und der Anzahl der S-Klasse-Mercedes in der Fifth Avenue dokumentiert. Wenn Unternehmen wegen einiger Prozentpunkte weniger Steuerbelastung ihre Produktionen lieber in den USA ansiedeln wollen, dann sollte man sie ziehen lassen. Allein auf Steuervorteilen gründende Standortentscheidungen sind selten nachhaltig und kosten die Steuerzahler des mit niedrigen Sätzen lockenden Landes am Ende oftmals mehr, als sie einbringen. Daueraufgabe SteuerreformAll das heißt nicht, dass nicht auch Deutschland die Wettbewerbsfähigkeit seines Steuersystems und Reformen im Blick behalten muss. Nicht wegen drohenden Steuerdumpings anderer Länder, sondern wegen der Angemessenheit und Effizienz des Steuersystems und sich ändernder Wertschöpfungsprozesse. Wenn das dank einer starken deutschen Wirtschaft über Erwarten sprudelnde Steueraufkommen beispielsweise nicht dazu genutzt wird, Zukunftsinvestitionen in Infrastruktur und Bildung zu tätigen, sondern für soziale Wohltaten verteilt wird, dann schadet dies dem Standort mehr als eine wie auch immer geartete Steuersenkung in den USA. Deshalb: Regen wir uns nicht über Trumps vermeintliches Steuerdumping auf, sondern überarbeiten und vereinfachen wir das deutsche Steuersystem und passen es mit Blick auf die Wettbewerbsfähigkeit im europäischen Binnenmarkt an!—-c.doering@boersen-zeitung.de——–Von Claus DöringSteuerdumping rechnet sich nicht: Allein auf Steuervorteilen gründende Standortentscheidungen sind selten nachhaltig.——-