Trump und Powell im Clinch - doch die Fed bleibt auf Kurs
Von Peter De Thier, WashingtonIst US-Präsident Donald dem Notenbankvorsitzenden Jerome Powell mit seiner wiederholten Kritik an den Zinserhöhungen so sehr unter die Haut gegangen, dass der oberste Währungshüter womöglich einen Kurswechsel erwägt? Zum ersten Mal seit seinem Amtsantritt hat Powell nämlich nun Zweifel am Aufschwung geäußert – was die Fed womöglich veranlassen könnte, im kommenden Jahr das Tempo der Zinserhöhungen zu drosseln. Fed-Beobachter verblüfftWahrscheinlicher als ein Einknicken gegenüber Trump ist allerdings, dass für eine mögliche Kursänderung der Fed unter Powell die konjunkturelle Entwicklung entscheidend ist. Die Abschwächung in anderen Ländern und die daraus resultierende geringere Auslandsnachfrage könnten ebenso wie ein nachlassender fiskalischer Stimulus in den USA das Wachstum drücken, sagte Powell jüngst. Möglich sei auch, dass die bereits beschlossenen Zinserhöhungen langsam eine dämpfende Wirkung entfalten, meinte der Währungshüter – womit er Fed-Beobachter verblüffte.Die Preisfrage lautet nun, ob diese vorsichtigere Einschätzung der wirtschaftlichen Aussichten auf die US-Zinspolitik durchschlagen könnte und inwieweit der Druck, den Präsident Trump auszuüben versucht, womöglich ebenfalls zu einem Gesinnungswandel beigetragen hat. Zumindest kurzfristig, so die vorherrschende Meinung unter Analysten, wird sich Powell wohl kaum weichklopfen lassen.Viele Experten deuten seine Aussagen dennoch als Wink mit dem Zaunpfahl und halten es für möglich, dass die Zentralbank sich spätestens ab 2019 mit weiteren Straffungen zurückhalten wird. Demnach könnten jene, die im nächsten Jahr drei weitere Zinserhöhungen einkalkulieren, eine Überraschung erleben.Auf kurze Sicht spricht wenig dafür, dass der Offenmarktausschuss (FOMC) im Dezember darauf verzichten wird, wie erwartet das vierte Mal im laufenden Jahr an der Zinsschraube zu drehen. Die Wachstumsrate in den USA wird sich für 2018 bei rund 3 % einpendeln – aller Voraussicht nach sogar etwas darüber. Der Arbeitsmarkt brummt, Löhne und Gehälter steigen, und die Industrieproduktion zieht weiter an.Dass die Fed auch 2019 unbeirrt auf Kurs bleiben und konsequent die Zügel straffer ziehen wird, erscheint aber keineswegs sicher. Mehrere Faktoren könnten Powell & Co. nachdenklich stimmen: Ein schwächeres Wachstum im Ausland ist der Exportwirtschaft nicht gerade dienlich, auch wenn nicht etwa Ausfuhren die US-Wirtschaft beflügeln, sondern vielmehr die inländische Konsumnachfrage die wichtigste Konjunkturstütze ist. Auch hat sich der Aufschwung am Häusermarkt verlangsamt, wenn auch unterm Strich auf vergleichsweise hohem Niveau.In ihre zinspolitischen Überlegungen werden die Währungshüter aber die Tatsache einbeziehen müssen, dass die Zinserhöhungen in diesem Jahr dazu beigetragen haben, dass die Kreditzinsen deutlich höher liegen als vor zwölf Monaten. Die Kombination aus teureren Hypothekendarlehen und steigenden Häuserpreisen, die angesichts der gedämpften Bauinvestitionen weiter anziehen könnten, dürfte dem Markt 2019 einen weiteren Dämpfer verpassen.Nicht zu unterschätzen könnte aber auch der alles andere als subtil artikulierte Wunsch des Präsidenten sein, dass weitere Zinserhöhungen entweder ganz ausbleiben oder seltener werden, denn manchmal zeigt der politische Druck auch Wirkung. Richard Nixon drängte den damaligen Fed-Chef Arthur Burns, trotz einer boomenden Wirtschaft 1972 auf Zinserhöhungen zu verzichten, weil er sich so bessere Chancen versprach, wiedergewählt zu werden. Burns knickte ein und bereitete damit den Weg für eine drastisch höhere Inflation, die später Paul Volcker mit aggressiven Zinserhöhungen abwürgen musste. Diese führten wiederum zu einer Rezession.Auch andere republikanische Präsidenten, nämlich Ronald Reagan und dessen Nachfolger George H. W. Bush, waren nicht immer glücklich über die Politik der Fed. Reagan begriff nicht, dass Volcker seinerzeit keine andere Wahl hatte, als den Leitzins hochzuschrauben. Bush beschwerte sich lange nach seinem Ausscheiden aus dem Amt darüber, dass Volckers Nachfolger Alan Greenspan den Geldhahn nicht weiter aufgedreht hatte, um die Rezession zu bekämpfen. Dies sei einer der Gründe dafür gewesen, warum er nur eine Amtsperiode absolvierte und Bill Clinton 1992 souverän siegte, meinte der 41. Präsident.An ökonomischem Sachverstand fehlt es zweifellos auch Trump. Er hat zuletzt die Fed als “verrückt” und “außer Kontrolle” beschimpft. Die Aktienhausse verkauft der Präsident schließlich als sein eigenes Verdienst, da diese ausschließlich das Ergebnis seiner Steuer- und Ausgabepolitik sei. Trump befürchtet, dass höhere Zinsen eine nachhaltige Korrektur an den Märkten zur Folge haben und zudem das Wachstum abwürgen könnten. Auch Powell wird sich nur schwer der Kritik seitens jenes Mannes widersetzen können, der ihm immerhin den mächtigen Posten an der Spitze der Fed anvertraut hat. Anzunehmen ist aber, dass er hinter verschlossenen Türen eher auf die übrigen Währungshüter hört – und bei denen sind Zentristen oder gar Hardliner derzeit in der Mehrheit. Charles Evans, Präsident der regionalen Fed Chicago, glaubt sogar, dass der neutrale Zinssatz überschritten werden muss, um ein nachhaltiges Wachstum sowie die Einhaltung des Inflationsziels von 2 % sicherzustellen. Wirtschaftslage entscheidendNatürlich kann es sein, dass die Fed 2019 langsamer an der Zinsschraube dreht. Möglich ist auch, dass bei Powell zumindest im Hinterkopf Trumps Kritik eine Rolle spielt. Entscheidend wird aber unterm Strich sein, wie deutlich sich die Wirtschaft abschwächt – denn eine Abkühlung erscheint unabwendbar – und wie sich Löhne sowie Verbraucherpreise entwickeln. Wie das Lenkungsgremium immer betont, behält es sich je nach Konjunkturlage auch Kursänderungen vor – und dieses Kriterium wird auch weiterhin die Marschroute vorgeben.