Trump will 1 Bill. Dollar in Infrastruktur investieren
Von Peter De Thier, WashingtonMit dem teuersten Ausgabenprogramm seit der Weltwirtschaftskrise (“Große Depression”) will der neu gewählte US-Präsident Donald Trump Amerikas marode Infrastruktur wieder auf Vordermann bringen. Da sich der Immobilienunternehmer aber gleichzeitig als “König der Schulden” bezeichnet, der Defizite herunterschrauben und die Staatsverschuldung abbauen will, stellt sich die Frage, wie die Investitionen finanziert werden sollen. Trump glaubt, die Lösung zu haben: Zum einen sollen private Finanzierungsquellen angezapft werden. Zudem ist der 45. Präsident überzeugt, dass der Beschäftigungseffekt des Jahrhundertprojekts Billionen an zusätzlichen Steuereinnahmen in die Staatskasse spülen wird. Ökonomen bleiben allerdings äußerst skeptisch. Mehr als nur marode BrückenWährend des Wahlkampfs war die Infrastruktur ein immer wiederkehrendes Thema. Flughäfen in Metropolen wie New York und New York seien im Vergleich zu denen in Europa und Asien so heruntergekommen, “dass man glauben könnte, sie befinden sich in einem Entwicklungsland”, schimpfte der Republikaner. Trump wetterte gegen das Federal Highway System, jenes fraglos modernisierungsbedürftige Schnellstraßennetz, das die größten Wirtschaftsregionen und Städte miteinander verbindet. Baufällig seien zudem Tausende bis zu 100 Jahre alte Brücken, von denen selbst das US-Verkehrsministerium viele bereits als gefährlich eingestuft hat. Über 1 Bill. Dollar könnte es kosten, um sicherzustellen, dass jener Teil der Infrastruktur, für den der Staat zumindest mitverantwortlich ist, wieder zu den besten der Welt zählt. Steueranreiz für PrivateSofern man auch jene Verpflichtungen berücksichtigt, die der Fiskus gegenüber anderen Staaten und Notenbanken hat, die in der amtlichen Statistik in den USA ausgeklammert werden, liegt aber die Verschuldungsquote bereits bei über 100 %. Da Trump auch versprochen hat, die Neuverschuldung zu drücken und den Schuldenberg von 19 Bill. Dollar wieder abtragen zu wollen, mussten seine Wirtschaftsberater Einfallsreichtum beweisen. Folglich will der künftige Präsident private Investoren, die sich an Infrastrukturprojekten beteiligen, mit 137 Mrd. Dollar an Steuergutschriften belohnen. Dies würde reichen, um während der kommenden Dekade bis zu 1 Bill. Dollar an Finanzierung sicherzustellen, glauben die Ökonomen in Trumps Beraterteam.Außerdem ist der künftige Präsident überzeugt, dass der Abbau regulatorischer Hürden, “die dazu führen, dass wichtige Projekte jahrelang aufgeschoben oder schließlich zu den Akten gelegt werden”, Investoren einen Anreiz geben würde, Finanzierungsmittel bereitzustellen. Ein wenig zweckoptimistisch dürfte dagegen die Überzeugung sein, dass sein Ausgabenprogramm, das bis zu 200 Mrd. Dollar mehr kosten würde als Präsident Barack Obamas Stimulusprogramm während der Weltrezession, ohnehin aufkommensneutral wäre. Vorgerechnet wird dies von Trumps Wirtschaftsberater, dem Nationalökonomen Peter Navarro: Demnach würden die neu geschaffenen Arbeitsplätze, das daraus resultierende steuerpflichtige Einkommen und die Gewinne der beteiligten Bauunternehmen und Investoren die Kosten fast vollständig ausgleichen. “Wichtig ist dabei, dass die Zeitspanne zwischen den Einnahmeverlusten als Folge der Steuergutschriften und jenen Mehreinnahmen, die ein direktes Ergebnis der Einkommenseffekts sind, sehr gering sein wird”, sagt Navarro.Auf Skepsis stößt aber nicht nur das Finanzierungsmodell, sondern auch die Wirkung und Tragfähigkeit des Ausgabenprogramms selbst. So rechnet die Ingenieursvereinigung American Society of Civil Engineers (ASCE) vor, dass 1 Bill. Dollar nicht annähernd ausreichen würden, um Amerikas Infrastruktur wieder konkurrenzfähig zu machen. Realistisch ist laut ASCE vielmehr der dreieinhalb- bis vierfache Betrag. Unklar ist auch, ob die prinzipielle Rückendeckung der beiden republikanisch beherrschten Kongresskammern, die eher zu Sparsamkeit neigen, ausreichen wird, um das Billionenprojekt in Gesetzesform zu gießen. Schließlich verabschiedete das Parlament vergangenes Jahr bereits eine deutlich verwässerte Fassung des von Obama vorgelegten Plans zur Modernisierung des Autobahnnetzwerks. Von den 478 Mrd. Dollar, die der Präsident gefordert hatte, wurden weniger als zwei Drittel bewilligt. Gegenteiliger EffektViele Steuerexperten dagegen halten die Behauptung der Berater Trumps, dass das Ausgabenprogramm aufkommensneutral sein würde, für eine reine Fiktion. Das Forschungsinstitut Tax Policy Center rechnet vor, dass die Haushalts- und Steuerpolitik des neuen Präsidenten, einschließlich des Infrastrukturprogramms, während der kommenden zehn Jahre kumulative Mindereinnahmen von 10 Bill. Dollar zur Folge haben würde, höhere Defizite und eine Schuldenquote, die bis 2036 satte 180 % erreichen könnte. Das Gegenteil also von dem, was der “König der Schulden” sich auf die Fahnen geschrieben hat.