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Trumps Angstgegner Joe Biden tritt an

det - Mit der Bekanntgabe seiner Präsidentschaftskandidatur hat Joe Biden (76), der unter Barack Obama acht Jahre lang als dessen Stellvertreter gedient hatte, den Weg gepflastert für ein spannendes Wahljahr und ein womöglich zermürbendes Duell mit...

Trumps Angstgegner Joe Biden tritt an

det – Mit der Bekanntgabe seiner Präsidentschaftskandidatur hat Joe Biden (76), der unter Barack Obama acht Jahre lang als dessen Stellvertreter gedient hatte, den Weg gepflastert für ein spannendes Wahljahr und ein womöglich zermürbendes Duell mit dem amtierenden Präsidenten Donald Trump. Obwohl seine Chancen gut stünden, Trump eine zweite Amtsperiode zu verweigern, muss Biden ausgerechnet in der eigenen Partei noch hohe Hürden nehmen. Unklar ist nämlich, ob er die gleichen Wählerschichten begeistern kann, die linksliberale Kandidaten wie Bernie Sanders, Cory Booker und Kamala Harris an die Spitzen der Umfragen katapultiert haben.Nach einer langen Karriere im Senat, wo er 36 Jahre seine Wahlheimat Delaware vertreten hatte – unter anderem als Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses und des Justizausschusses – ernannte Obama seinen Parteifreund zu seinem Kandidaten für die Vizepräsidentschaft. Nach dem Wahlsieg profilierte sich Biden als erfolgreicher Vermittler, der Republikaner an Bord holte, um eine Steuerreform zu verabschieden.Auch verwaltete er die staatlichen Ausgabenprogramme im Gefolge der Rezession. Im Sommer 2011 stellte Biden erneut sein Verhandlungsgeschick unter Beweis, als es darum ging, während der Schuldenkrise und dem ersten Downgrade von US-Staatsanleihen mit der Opposition einen Haushaltskompromiss auszuhandeln.2016 verzichtete der damalige Vizepräsident nach dem Tod seines Sohnes Beau auf eine Präsidentschaftskandidatur und nahm stattdessen eine Rechtsprofessur an der University of Pennsylvania an. In einem dreieinhalb Minuten langen Video erklärte der charismatische Karrierepolitiker nun, warum er sich jetzt aber berufen fühlte, nach zwei Anläufen auf den Chefsessel im Weißen Haus seinen Hut ein weiteres Mal in den Ring zu werfen.Die Antwort war klar und unmissverständlich: wegen Donald Trump. Biden erinnerte an den Aufmarsch junger Neonazis in Charlottesville im Sommer 2017, der bei Zusammenstößen mit Gegendemonstranten zu gewalttätigen Ausschreitungen führte und einer jungen Frau das Leben kostete. Als Trump wenige Tage später dann gesagt habe, es gebe “sehr feine Menschen auf beiden Seiten”, habe er gewusst, dass dieser Präsident “eine Bedrohung für die Nation darstellt wie keine andere”. Er trete an, weil er nicht tatenlos zusehen könne, wie der Charakter Amerikas und fundamentale Werte wie Gleichberechtigung, die Demokratie selbst und das Ansehen der Nation auf der globalen Bühne unterlaufen würden.Ungeachtet seiner viereinhalb Jahrzehnte im öffentlichen Dienst, in denen er sich als gemäßigter Demokrat profilierte, der im Auswärtigen Ausschuss des Senats beispielsweise für den Nato-Einsatz in Bosnien plädierte, aber gegen den ersten Golfkrieg 1991, gibt es aber auch Skeptiker. Sie verweisen darauf, dass Biden 1988 und 2008 als Kandidat schon sehr früh aus dem Rennen um die Präsidentschaft hatte ausscheiden müssen, als er bei den Vorwahlen überraschend schlecht abschnitt.Als Schwächen gelten ferner sein loses Mundwerk und der Hang zu Versprechern, mit denen sich der Demokrat schon häufiger aufs Glatteis begeben hat. Zu erwarten ist auch, dass ihn seine Vergangenheit einholen wird, etwa seine ungeschickte Handhabung der berühmten Bestätigungsanhörung für den hohen Richter Clarence Thomas, dem die frühere Mitarbeiterin Anita Hill sexuelle Belästigung vorwarf.Sein Alter dürfte bei dem dynamisch auftretenden Demokraten weniger ins Gewicht fallen, ist er schließlich jünger als der von vielen favorisierte Bernie Sanders. “Schwieriger könnte es für Biden mit seinen traditionellen Werten sein, die demokratischen Vorwahlen zu überstehen, wo junge Wähler mit progressiven Ansichten groß auftrumpfen werden”, glaubt der frühere Obama-Berater David Axelrod.Sollte Biden im Sommer nächsten Jahres tatsächlich zum Spitzenkandidaten gekürt werden, hätte er gegen Trump durchaus gute Chancen. Biden kommt aus der Arbeiterstadt Scranton in Pennsylvania und spricht dieselben Wählerschichten an wie Trump, für den genau dieser Demokrat jener Angstgegner ist, den er nicht sehen wollte.