Tsipras sieht Bewegung im Streit über Schulden

Ex-Finanzminister für längere tilgungsfreie Zeit

Tsipras sieht Bewegung im Streit über Schulden

fed Frankfurt – Griechenlands Ministerpräsident Alexis Tsipras versprüht Zuversicht, dass sein Land schon bald eine Einigung mit den internationalen Gläubigern im seit vielen Monaten andauernden Streit über Schuldenerleichterungen erreicht. “Wir sind einer substanziellen Lösung zur Schuldenentlastung näher denn je”, wurde Tspiras am Dienstag von Nachrichtenagenturen zitiert.Zugleich verband der Premier seine zuversichtliche Ansage mit einer Drohung. Wenn die Gläubiger beim Thema Schuldenerleichterungen nicht zu Potte kämen, werde seine Regierung die kürzlich zugesagten zusätzlichen Sparmaßnahmen nicht umsetzen. Tsipras hofft, dass sich die Euro-Finanzminister bereits bei ihrem nächsten Treffen in zwei Wochen auf eine Grundsatzeinigung verständigen können. Was eine zügige Einigung noch im Mai angeht, sind jedoch Diplomaten auf Seiten der Kreditgeber – also des Euro-Rettungsfonds ESM, der Europäischen Zentralbank und des Internationalen Währungsfonds – deutlich skeptischer.Hellas ächzt seit der Finanzkrise unter einem gewaltigen Schuldenberg. Die Verschuldungsquote pendelte viele Jahre um die Marke von 100 % der Wirtschaftsleistung. Seit 2008 jedoch ist sie durch die Decke geschossen und beträgt mittlerweile 180 % des Bruttoinlandsprodukts – und das, obwohl die privaten Schuldner zwischenzeitlich einem massiven Schuldenerlass zustimmen mussten. Die Euro-Staaten haben Griechenland seit 2010 mit mehr als 226 Mrd. Euro finanziell unterstützt – zunächst knapp 53 Mrd. Euro durch bilaterale Kredite, anschließend 141,8 Mrd. Euro durch den vorläufigen Notfonds EFSF und nun schließlich mit bislang 31,7 Mrd. Euro aus dem dritten Hilfsprogramm.Die Euro-Partner haben im vergangenen Jahr zugesagt, dass sie nach einem erfolgreichen Abschluss dieses dritten Programms im Jahr 2018 bereit seien, über Schuldenerleichterungen zu sprechen. Da aber der Internationale Währungsfonds drängelt, indem er seine Teilnahme von Schuldenerleichterungen abhängig macht, wird immer heftiger darüber gestritten, ob die Debatte über die Schulden nicht schon früher geführt werden sollte. Kein nominaler SchnittDie Gläubiger haben zwar einen nominalen Schuldenschnitt, also einen “Haircut”, grundsätzlich ausgeschlossen. Denkbar wäre allerdings ein indirekter Schuldenschnitt in Form einer Verlängerung der tilgungsfreien Zeit und der Laufzeiten der – ohnehin bereits sehr langfristigen – Kredite. Auch wäre es möglich, dass der Euro-Rettungsfonds dem IWF dessen Forderungen gegenüber Griechenland abkauft. Denn da die Euro-Länder wesentlich entspanntere Kreditkonditionen verlangen, würde dies aus griechischer Sicht einer spürbaren Schuldenerleichterung gleichkommen. Maßstab NettofinanzbedarfDer frühere Finanzminister Giorgos Papakonstantinou hat eindringlich dafür geworben, dass die Euro-Gläubiger dem Land mehr Zeit zur Rückzahlung lassen, indem sie ihm länger als geplant Tilgungsaufschub gewähren und gleichzeitig die Kreditlaufzeiten verlängern. Der erste von sieben Finanzministern Griechenlands seit 2009 begrüßte, dass sich die internationalen Gläubiger bei ihren Prognosen für die Schuldentragfähigkeit Griechenlands mittlerweile am Nettofinanzierungsbedarf und nicht mehr an der nominalen Schuldenquote orientierten. Durch kluge Tilgungsplanung und Höchstgrenzen könnte vermieden werden, dass Hellas in bestimmten Jahren durch zu hohe Rückzahlungsanforderungen überlastet werde.Papakonstantinou, der auf einer Veranstaltung des House of Finance in Frankfurt sprach, unterstrich, dass für Griechenland nach wie vor die Rückgewinnung des Vertrauens der Investoren spielentscheidend sei. Schließlich sei das Land auf eine wesentlich höhere Zahl ausländischer Investitionen angewiesen, um wirtschaftlich wieder auf die Beine zu kommen. Um dieses Vertrauen zurückzuerobern, müsse auch über ein weiteres Anschluss-Hilfspaket der Euro-Partner nachgedacht werden – möglicherweise in Form garantierter Kreditlinien. Denn Papakonstantinou deutete erhebliche Zweifel an, ob Hellas am Ende des derzeit laufenden Programms bereits wieder kapitalmarktfähig sein werde.Der frühere sozialdemokratische Minister erinnerte daran, dass sich Griechenlands Bruttoinlandsprodukt noch immer ein Viertel unter dem Niveau vor der Staatsschuldenkrise befinde. Die Wirtschaftsleistung liege zudem noch unter dem Vergleichswert zu Beginn des Jahrtausends.