Türkei mit weiterer Zinslockerung
Die türkische Notenbank hat die geldpolitischen Zügel weiter gelockert. Die nunmehr fünfte Zinssenkung fiel mit 75 Basispunkten aber deutlich moderater aus, als die vorangegangenen Schritte. Die Lira legte sogar gegen den Dollar zu, weil ein radikalerer Schritt der Notenbank gefürchtet wurde.arp Frankfurt – Die türkische Nationalbank hat am Donnerstag eine weitere Zinslockerung vollzogen. Der Schlüsselsatz wurde um 75 Basispunkte abgesenkt und beträgt nunmehr 11,25 %. Es war bereits der fünfte Zinsschritt seit Mitte vorherigen Jahres. Zwar hatten Volkswirte mit einem moderateren Schritt von lediglich 50 Basispunkten gerechnet; die Analysten der ING hatten sogar erwartet, dass sich die Notenbank in Ankara auf ihrer Januarsitzung eine Zinspause verordnet. Am Ende herrschte aber Erleichterung vor, dass die Zentralbank nicht drastischer an der Zinsschraube gedreht hatte. Die Lira reagierte sogar mit einer Aufwertung zum Dollar auf die Entscheidung der Notenbank.Der Zinsschritt war der moderateste, seit die türkische Nationalbank seit Sommer 2019 ausgehend von 24 % die geldpolitischen Zügel deutlich lockerte. Insbesondere Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan sind hohe Zinsen ein Dorn im Auge. Er hatte jüngst in Aussicht gestellt, dass die Zinsen im laufenden Jahr wieder auf ein einstelliges Niveau sinken sollen. Auch vertritt er entgegen der gängigen Meinung die Auffassung, dass hohe Zinsen die Inflation nicht bekämpfen, sondern befördern. Erdogan zielt auf ein Wachstum der türkischen Wirtschaft von 5 % in diesem Jahr. Die mehrfach öffentlich geäußerten Forderungen des türkischen Staatspräsidenten nach Zinssenkungen hatten Zweifel an der Unabhängigkeit der türkischen Zentralbank aufkommen lassen.Diese wurden weiter genährt, als Erdogan im Sommer vergangenen Jahres den bisherigen Zentralbankchef Murat Cetinkaya gefeuert und an dessen Stelle den vorherigen Stellvertreter Murat Uysal an die Spitze der Notenbank in Ankara gesetzt hat. Cetinkaya hatte die von Erdogan geforderten Zinssenkungen mehrfach abgelehnt.Seitdem hat die türkische Notenbank den Schlüsselsatz in mehreren, teils drastischen Schritten reduziert. Den jüngsten Zinsschritt begründete die türkische Notenbank damit, dass sie mit einem weiteren Rückgang der Inflation in dem Land rechne und “die Indikatoren für die zugrunde liegende Inflationsentwicklung berücksichtigt, um die Fortsetzung des Desinflationsprozesses zu gewährleisten”. Der für die Türkei zuständige Chefvolkswirt der niederländischen ING, Muhammet Mercan, wertet das Statement auch als Zeichen, dass – abhängig von der Performance der türkischen Lira – eine weitere, wenn auch verhaltenere Lockerung der Geldpolitik nicht ausgeschlossen ist. Flacher WachstumspfadDie türkische Wirtschaft war 2018 in überaus schwieriges Fahrwasser geraten. Hintergrund waren die von Sanktionen begleiteten Spannungen mit den USA wegen der Inhaftierung des evangelikalen US-Pastors Andrew Craig Brunson. Als Konsequenz verlor die Lira drastisch an Wert zum Dollar und auch dem Euro und die Inflation galoppierte auch ob der Verteuerung von Importen. “Die Wirtschaft hat die Anpassungsrezession schnell verlassen, wird jedoch auf einen relativ flachen Wachstumspfad einschwenken”, sagt Manuel Schimm, Senior Economist bei der BayernLB voraus.