Türkische Notenbank hält die Füße still

Leitzins bleibt bei 24 Prozent - Hinweis zu möglichen Anhebungen gestrichen

Türkische Notenbank hält die Füße still

jw Frankfurt – Die türkische Notenbank hat gestern die Sorgen der Anleger verschärft, indem sie den Leitzins inmitten einer Wirtschaftskrise und Inflation von 20 % konstant gehalten hat und gleichzeitig den Hinweis auf eine weitere geldpolitische Straffung gestrichen hat. Statt eine Anhebung zu erwägen, falls die Preisentwicklung es erfordern sollte, heißt es nun nur noch, man werde “Faktoren, die die Inflation beeinflussen, genau beobachten”.Nachdem die Notenbank die Zinsen im vergangenen Jahr noch um 625 Basispunkte angehoben hatte, um die Lira zu stabilisieren, und zuletzt immer wieder betont hatte, an ihrer straffen Geldpolitik festhalten zu wollen, bis sich die Inflationsaussichten deutlich verbessern, gibt sich die Zentralbank nun geldpolitisch deutlich taubenhafter. Investoren sind besorgt, dass die orthodoxe Geldpolitik der Notenbank bald Geschichte ist und sie nach dem Debakel von Recep Tayyip Erdogan bei den Kommunalwahlen nun wieder unter größerer politischer Einflussnahme steht. Sie glauben aber auch, dass die Notenbank angesichts der wirtschaftlichen und politischen Unsicherheit und der Inflation, die vierfach über dem Inflationsziel von 5 % liegt, die Zinsen erst in der zweiten Jahreshälfte senken wird. “Angesichts einer nach wie vor fragilen Währung, der anhaltenden Abhängigkeit von der Außenfinanzierung und den Inflationsrisiken erwarten wir im ersten Halbjahr keine Zinssenkung. Je nach Entwicklung der Lira kann eine moderate geldpolitische Lockerung in der zweiten Jahreshälfte auf der Tagesordnung stehen, wahrscheinlich im vierten Quartal”, schreibt ING-Analyst Muhammet Mercan.Gleichzeitig schwinden die Devisenreserven der Notenbank immer mehr, obwohl sie versucht, dem mit Dollar-Swaps entgegenzuwirken. Laut Berechnungen der “FT” liegen die Devisenreserven ohne die Swaps nur noch bei 16 Mrd. Dollar. Der Notenbank könnte bei der nächsten Lira-Krise also die Kraft fehlen, gegenzusteuern. Auch haben die geopolitischen Risiken durch den Streit mit den USA um den Kauf von iranischem Öl und russischen Waffensystemen wieder zugenommen. Derweil fehlt der türkischen Regierung weiter ein nachhaltiges Strukturreform-Programm.—– Wertberichtigt Seite 8