jw Frankfurt – Die türkische Notenbank hat den neunten Monat in Folge an ihrer straffen Geldpolitik festgehalten. Die Notenbanker beließen den Leitzins am Mittwoch bei 24 %. Volkswirte hatten mit einer derartigen Entscheidung gerechnet. Nachdem Gouverneur Murat Cetinkaya bereits im April den Grundstein für eine weniger straffe Geldpolitik gelegt hatte, bestätigte er gestern, dass die Zentralbank zwar bei ihrer Haltung bleiben werde, die Entwicklung der Inlandsnachfrage und die straffe Geldpolitik die Disinflation aber unterstützten. Im Mai waren die Verbraucherpreise verglichen mit dem Vorjahr um 18,71 % gestiegen, vergangenen Oktober waren es noch mehr als 25 % gewesen.Ökonomen rechnen aufgrund zahlreicher Unsicherheitsfaktoren in der türkischen Wirtschaft bereits für Juli, aber spätestens für September mit einer Lockerung. Denn in weniger als zwei Wochen steht die umstrittene Wiederholung der Bürgermeisterwahl in Istanbul bevor. Hinzu kommen Spannungen mit den USA, die die Türkei erneut in Aufruhr versetzen könnten. Ein Anstieg der Lira könnte dann ausreichen, um die Zentralbank in den kommenden Monaten zu einer Leitzinssenkung zu bewegen, insbesondere jetzt, wo eine Verlangsamung der Inflation fortschreitet. Die Realzinsen liegen in der Türkei etwa doppelt so hoch wie in anderen Schwellenländern wie Russland und Südafrika. Für eine Lockerung der Geldpolitik in der Türkei spricht außerdem, dass sich andere Zentralbanken wie die Federal Reserve und die Europäische Zentralbank zuletzt offener für eine geldpolitische Lockerung gezeigt haben und die Notenbanken in Indien und Australien bereits die Zinsen gesenkt haben.