Umverteilung in der EU viel höher als angenommen

Cep-Studie plädiert für Einbeziehung von Finanzhilfen sowie der Transfers von Investitionsbank und EZB

Umverteilung in der EU viel höher als angenommen

ahe Brüssel – In der Debatte um die künftige Finanzausstattung der Europäischen Union, die sich im Zuge des Brexit deutlich ändern wird, hat das Centrum für Europäische Politik (Cep) darauf hingewiesen, dass die heutige Umverteilung innerhalb der EU bereits deutlich größer sei als allgemein angenommen. Die traditionellen Berechnungen zu diesem Thema beschränkten sich auf den EU-Haushalt, heißt es in einer von der Freiburger Denkfabrik veröffentlichten neuen Studie. Dies greife aber deutlich zu kurz. Neben dem Etat müssten nämlich auch noch die Finanzhilfen zur Bewältigung der Euro-Krise sowie die Tätigkeiten der Europäischen Investitionsbank (EIB) und der Europäischen Zentralbank (EZB) einbezogen werden. Diese bewirkten eine weitere zum Teil massive Umverteilung in Europa.Nach Berechnungen des Cep war Deutschland nach absoluten Zahlen in den Jahren 2008 bis 2015 der größte Nettozahler mit einem jährlichen Beitrag von durchschnittlich 11,8 Mrd. Euro. Es folgen Frankreich und Großbritannien mit je 6,5 Mrd. Euro im Jahr. Größtes Empfängerland ist bei dieser Betrachtung Polen, das in dem betrachteten Zeitraum im Schnitt jährliche Transfers von netto 10,7 Mrd. Euro erhielt. Auf dem zweiten Platz liegt Griechenland mit 5,0 Mrd. Euro. Bei einer Pro-Kopf-Betrachtung dieser Zahlen liegt Griechenland allerdings an erster Stelle der Empfänger, und die größten Zahler sind dann Schweden und Dänemark (siehe Grafik). Nach dieser Rechnung hatte Großbritannien 2015 erstmals eine höhere Belastung als Deutschland.Der Cep-Studie zufolge sorgten die Finanzhilfen insbesondere im Zuge der Euro-Krise für weitere Umverteilungseffekte – vor allem über die Zinsen. Griechenland erhielt demnach zusätzliche 340 Mrd. Euro Entlastung (30 874 Euro pro Einwohner). Auch Portugal und Irland profitierten mit 47,4 bzw. 32,6 Mrd. Euro noch massiv, während die größten Lasten nach den privaten Gläubigern Deutschland zu verbuchen hatte (92,9 Mrd. Euro bzw. 1 152 Euro je Einwohner). Pro Kopf haben die Luxemburger und die Niederländer allerdings noch mehr zu den Transfers zur Krisenbewältigung beigetragen als die Deutschen.Im Fall der Europäischen Investitionsbank stellten die Autoren der Studie den EIB-Kapitalanteil eines EU-Staates seinem Anteil an erhaltenen Krediten gegenüber. In der Zeit von 2008 bis 2015 profitierten Spanien (4,1 Mrd. Euro) und Polen (3,7 Mrd. Euro) in absoluten Zahlen am stärksten von den EIB-Mitteln. Großbritannien (4,4 Mrd. Euro) und Frankreich (3,7 Mrd. Euro) mussten im Schnitt hierfür pro Jahr am tiefsten in die Tasche greifen.Die Autoren der Cep-Studie verweisen in diesem Zusammenhang auch auf die EZB-Maßnahmen zur Bewältigung der Euro-Krise, wobei Umverteilungseffekte unter anderem zwischen den Euro-Staaten als Emittenten und den Käufern von Staatsanleihen – unabhängig von deren Nationalität – entstünden. Ob das OMT-Programm (Outright Monetary Transactions) zu einer Umverteilung zwischen den Haushalten der Euro-Staaten geführt habe, sei allerdings unklar.Angesichts der gegenwärtigen Debatte über die Einführung eines eigenen Budgets für die Eurozone oder anderer Instrumente zur makroökonomischen Stabilisierung der Wirtschafts- und Währungsunion sowie der finanziellen Auswirkungen des Brexit auf die EU weisen die Autoren der Studie darauf hin, dass nun zunächst einmal eine genaue Analyse der derzeitigen Umverteilung nötig sei und keine Forderungen nach weiteren Transferleistungen.