Unctad warnt vor Steuererosion

UN-Organisation kritisiert wachsende Bedeutung von globalen Finanz-Drehscheiben bei Direktinvestitionen

Unctad warnt vor Steuererosion

In Steueroasen und Niedrigsteuerländern angesiedelte Zweckgesellschaften spielen bei der Organisation der globalen Investitionsströme eine immer wichtigere Rolle. Das zeigt eine Studie der UN-Welthandelsorganisation Unctad, welche das Volumen der internationalen Gewinnverlagerungen erfassen will.lz Frankfurt – Die Veröffentlichung der Panama Papers, die Nutzer von Briefkastenfirmen in Panama aufgedeckt haben, hat in die Debatte über Steuerhinterziehung und Steuergestaltung eine neue Schärfe gebracht. Zahlreiche politische Initiativen einzelner Staaten, von Ländergruppen wie der EU oder der Industrieländerorganisation OECD wurden gestartet oder sind beschleunigt worden, um die Gewinnverlagerung zu erschweren und die Steuerbehörden zu stärken.Die UN-Handelsorganisation Unctad hat nun die internationale Investitionsstatistik untersucht und kommt dabei zu neuen Erkenntnissen hinsichtlich der Dimension rein steuerlich motivierter Kapitalflüsse im Bereich ausländischer Direktinvestitionen. Danach hat die Vernetzung der meist in steuerlich attraktiven Ländern gelegenen Finanz-Drehscheiben deutlich zugenommen. Die jüngsten politischen Aktivitäten gegen Steuerhinterziehung und Steuerumgehungsmechanismen scheinen das Neugeschäft zwar bereits zu dämpfen, gleichwohl wächst der Anteil der an den Drehscheiben angefallenen Gewinne aus Beteiligungen und Investments weiter.Wie die Unctad zeigt, haben sich die Investitionsflüsse in finanzielle Zweckgesellschaften an den steuerlich bevorzugten Finanzdrehkreuzen im vergangenen Jahr etwas zurückgebildet. Dem in der Spitze auf bis zu 221 Mrd. Dollar geschätzten Finanzströmen aus 2015 stehen auch enorm hohe Desinvestitionen gegenüber. Das unterstreicht nach Meinung der Unctad die rein steuerliche Motivation der Investitionen in diese Finanzstandorte, die oft nur der Durchleitung dienen. Deutlich zurückgegangen sind die Kapitalflüsse in die karibischen Steueroasen von einst 132 Mrd. Dollar (2013) auf 72 Mrd. Dollar (siehe Grafik).Hauptnutznießer der weltweiten Investitionsströme ist nach Angaben der Unctad Luxemburg. Durch luxemburgische Zweckgesellschaften (Special Purpose Entities, SPE) sei vor allem Kapital mit Ziel USA durchgeleitet worden. Auch die Gesellschaften in den Niederlanden fungierten weltweit als Finanz-Drehkreuz. Der Unctad zufolge existiert ein dichtes und komplexes Netzwerk von Gesellschaften in Luxemburg und den Niederlanden. Kapital könne damit schnell zwischen den beiden Ländern verschoben werden je nach den finanziellen und steuerlichen Notwendigkeiten.Mit welcher Größenordnung man es dabei zu tun hat, zeigt eine Aufstellung der in Zweckgesellschaften und Unternehmen angefallenen Investitionserträge gemessen an der Wertschöpfung ihres Standorts: In den Cayman-Inseln wurde im vorvergangenen Jahr danach ein Volumen von knapp 850 % des Bruttoinlandprodukts (BIP) erreicht, auf den Bermudas waren es knapp 780 %. In Luxemburg sind es immerhin noch 114 %, in Irland 24,3 %, in Singapur 18,6 % und in den durchaus industrialisierten und mit anderem produktiven Gewerbe bestückten Niederlanden noch 17,6 %. Zum Vergleich: In Großbritannien waren es nur 3,3 %, in den USA 0,7% und in Deutschland 0,8 %.Die Unctad warnt in diesem Zusammenhang vor einer Entkoppelung zwischen den produktiven Investments in einem Land und den davon abgeleiteten Erträgen anderswo. Das sei einer nachhaltigen Entwicklung nicht förderlich. Die Verluste durch Steuerumgehungen seien spürbar, die Verlagerung der Gewinne in Steueroasen und Niedrigsteuerregime höchst problematisch. Außerdem seien die Investitionen häufig allein steuermotiviert.Allerdings haben nach Angaben der Unctad die jüngsten politischen Aktivitäten gegen Steuerhinterziehung und Steuerumgehung bereits ihre Spuren hinterlassen. In den Niederlanden und Luxemburg wurden auf der Basis neuer EU-Bestimmungen die Regeln für Finanzholdings verschärft und der steuerliche Informationsaustausch verbessert. Jenseits der BEPS-Initiative der OECD gegen Gewinnverlagerungen sei aber noch mehr internationale Zusammenarbeit nötig, um Steuerumgehungen zu erschweren. Die Tatsache, dass ein großer Anteil der Investitionsflüsse über internationale Finanzdrehkreuze gelenkt und ein immer größerer Anteil der Erträge dort verbucht werde, erhöhe den Handlungsdruck für die Politik.—– Wertberichtigt Seite 8