Unerwartet starker BIP-Einbruch im Euroraum vergrätzt Anleger
ks/kra Frankfurt – Der unerwartet starke Rückgang der Wirtschaftsleistung in der Eurozone im vierten Quartal um saisonbereinigt 0,6 % ist an den Märkten mit Enttäuschung aufgenommen worden. Der Euro geriet nach der Veröffentlichung der Eurostat-Schätzung am Vormittag ebenso wie Europas Aktienmärkte unter Abgabedruck.Volkswirte hatten im Konsens der Prognosen mit einer Kontraktion um 0,4 % gerechnet. Nach Stagnation im ersten Quartal hatten sich in den folgenden zwei Quartalen leichte Minusraten ergeben, wie das Statistikamt der Europäischen Union weiter mitteilte. Zusammen mit dem markanten Rückgang im Schlussquartal ergibt sich für das gesamte abgelaufene Jahr ein Schrumpfen des Ausstoßes um kalenderbereinigt 0,5 %. Im Jahr davor war die Wirtschaftsleistung noch um 1,4 % gewachsen.Im vierten Quartal des vergangenen Jahres blieb praktisch keines der Euro-Länder von einer Kontraktion verschont. In Deutschland gab das reale Bruttoinlandsprodukt (BIP) binnen drei Monaten um 0,6 % nach. Hier zogen vor allem die nachlassenden Investitionen und der “vergleichsweise schwache deutsche Außenhandel” nach unten, wie das Statistische Bundesamt ohne weitere Zahlenangaben mitteilte. Während Analysten für Deutschland nun bereits wieder von einem Anziehen der Konjunktur im laufenden Quartal ausgehen, sind sie für die zweitgrößte Euro-Volkswirtschaft Frankreich skeptisch. Dort verringerte sich das BIP im vierten Quartal um 0,3 %.In den vergangenen Monaten kam es in den Euro-Peripherieländern zwar an den Finanzmärkten zu deutlichen Entspannungstendenzen, für die realwirtschaftliche Entwicklung gilt dies aber offenbar noch nicht. So sind die Krisenländer Italien, Spanien und Portugal im letzten Quartal des vergangenen Jahres noch tiefer in die Rezession gerutscht. Gerade in Italien, wo in gut einer Woche bei der Parlamentswahl über den weiteren Reformkurs entschieden wird, ließ die Wirtschaftsleistung mit minus 0,9 % scharf nach. Spaniens BIP fiel um 0,7 % zurück und dasjenige Portugals gar um 1,8 % im Vergleich zur Vorperiode.Das von Eurostat vorgelegte Zahlenmaterial zeigt nach Einschätzung von Thomas Gitzel, Chefvolkswirt der VP Bank, einmal mehr, wie tief der Währungsraum noch im Sumpf der Schuldenkrise feststeckt. “Der Teufelskreis zwischen Sparen und schrumpfendem Bruttoinlandsprodukt hält noch an”, sagte er.Am Devisenmarkt ging es für den Euro nach Veröffentlichung der Daten steil abwärts. In der Spitze verlor die Währung rund 1 Cent bis auf 1,3313 Dollar und notierte damit auf dem tiefsten Niveau seit dem 25. Januar. Bis zum Abend stabilisierte sich der Euro bei 1,3340 Dollar. Die Akteure an den Devisenmärkten hielt zudem das Thema Währungskrieg in Atem. Die 20 führenden Industrie- und Schwellenländer (G 20) wollen nun in Toronto ein Bekenntnis zu freien Wechselkursen abgeben. Eine ähnliche Initiative der G 7 hatte zuletzt aber Fragen aufgeworfen, als eine Äußerung zur Entwicklung des Yen fehlinterpretiert worden war. “Nach dieser Verwirrung dürften die meisten Marktteilnehmer vorsichtiger mit den umhergeisternden Schlagzeilen umgehen”, sagte Commerzbank-Analystin Thu Lan Nguyen.Die schwachen Konjunkturdaten hinterließen auch an den Aktienmärkten Spuren, denn dort haben sich viele Investoren inzwischen auf eine Belebung der Weltwirtschaft im weiteren Verlauf des Jahres eingestellt. Der Dax verlor 1,1 % auf 7 631 Zähler, der Euro Stoxx 50 gab um 0,8 % auf 2 635 Zähler nach. Beide Indizes schlossen damit aber immerhin ein Stück weit oberhalb der Tagestiefs. Dazu dürften die unerwartet positiven wöchentlichen Daten vom US-Arbeitsmarkt beigetragen haben, die den Anlegern mit Blick auf die Weltwirtschaft wieder etwas Mut machten.—– Nebenstehender Kommentar- Berichte Seiten 6, 17 und 18