Ungebremste Talfahrt in Euroland
Die konjunkturelle Talfahrt in Deutschland und der gesamten Eurozone geht praktisch ungebremst weiter. Der Einkaufsmanagerindex hat sich im November gegenüber dem niedrigen Oktober-Niveau nur minimal verbessert, wie das Forschungsunternehmen Markit in der ersten Auswertung seiner aktuellen Umfrage unter rund 4 000 Unternehmen im Euroraum mitteilte.ks Frankfurt – Der Einkaufsmanagerindex Composite für die gesamte Privatwirtschaft des Euroraums rückte im November geringfügig um saisonbereinigt 0,1 auf vorläufige 45,8 Punkte vor. Allerdings blieb das Barometer damit weiter klar unter der Schwelle von 50 Punkten, oberhalb deren erst Wachstum angezeigt wird. “Die Eurozone-Privatwirtschaft ist erneut in alarmierendem Tempo geschrumpft und steckt in der schlimmsten Krise seit Mitte 2009”, kommentierte Markit-Chefvolkswirt Chris Williamson.Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) in der Währungsunion war im dritten Quartal gegenüber der Vorperiode mit 0,1 % bereits zum zweiten Mal in Folge geschrumpft, womit sich der Euroraum laut der engen technischen Definition in der Rezession befindet. Für das vierte Quartal deuten die Einkaufsmanagerindizes laut Markit aber auf eine “erhebliche Beschleunigung der Talfahrt” hin. Williamsons Berechnungen zufolge könnte das BIP dann sogar “um bis zu 0,5 % einbrechen”.Etwas weniger pessimistisch zeigen sich dagegen andere Volkswirte. So geht etwa DekaBank-Ökonom Christian Melzer ebenfalls davon aus, dass Euroland auch im vierten Quartal nicht aus der Rezession finden dürfte. “Eine starke Schrumpfung sollte aber ausgeblieben sein”, meint er. “Euroland bleibt in einer milden Rezession.” Für das Gesamtjahr 2012 rechnet er mit einem BIP-Rückgang um rund 0,4 %.Zarte Hoffnung auf eine mögliche Bodenbildung ziehen einige Analysten aus dem Umstand, dass die Talfahrt der Industrie sich zuletzt etwas verlangsamt hat. Der entsprechende Einkaufsmanagerindex erholte sich im November um 0,8 auf 46,2 Punkte und der Produktionsindex um 0,9 auf 45,9 Zähler. Die Dienstleister berichteten dagegen von noch geringerer Geschäftstätigkeit als im Vormonat. Ihr Aktivitätsindex gab um 0,3 auf 45,7 Punkte nach. Dieser Wert ist so niedrig wie seit Juli 2099 nicht mehr.Die schlechte Konjunktur hinterlässt ihre Spuren auch auf dem Arbeitsmarkt, der in der Eurozone ohnehin durch eine rekordhohe Arbeitslosenquote charakterisiert ist. Angesichts des zweitstärksten Jobabbaus seit Januar 2010 und den pessimistischsten Geschäftsaussichten binnen Jahresfrist im Servicesektor seit März 2009 “grassieren mittlerweile ernsthafte Konjunktursorgen unter den Firmen, die ihre Kosten wo immer möglich senken wollen”, streicht Markit weiter heraus. Zwar hätten sich einige Umfrageindikatoren im November stabilisiert, die Krise bleibe jedoch insgesamt gravierend und habe mittlerweile auch Deutschland erfasst – was darauf hindeute, dass sich die Lage in den nächsten Monaten weiter verschlechtern könnte.In Deutschland rückte der Gesamtindex nach den vorläufigen Markit-Angaben im Berichtsmonat um 0,2 auf 47,9 Punkte vor. Dabei büßte der Service-Index 0,4 Zähler auf 48,0 ein, der Index der Industrieproduktion legte hingegen vor dem Hintergrund eines weniger starken Ordereinbruchs um 1,4 Zähler auf 47,7 zu. Er notiert damit “deutlich über dem Juli-Tief von 42,2 Punkten”, wie Markit herausstreicht.Dennoch dürfte die “deutsche Wirtschaft das Jahr wohl in kläglichem Zustand beenden”, befürchtet Markit-Ökonom Tim Moore. Die Krise der Eurozone setze der Binnenwirtschaft und dem Verbrauchervertrauen gleichermaßen zu. Die Beschäftigung sei im November so stark abgebaut worden wie seit Januar 2010 nicht mehr.