Union mahnt zu Etatdisziplin

Scholz kündigt erneute Ausnahme von der Schuldenbremse an - Rehberg: Noch keine Verständigung

Union mahnt zu Etatdisziplin

In der zweiten Septemberhälfte berät das Kabinett den Entwurf des Bundeshaushalts 2021. Durch die Corona-Pandemie verzögert sich die Planung. Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) überrascht nun den Koalitionspartner mit der Ankündigung, die Schuldenbremse müsse ein zweites Jahr ausgesetzt werden. wf/ms Berlin/Frankfurt – Mit deutlicher Kritik hat die CDU/CSU auf die Ankündigung von Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) reagiert, er rechne fest damit, dass die Schuldenbremse auch 2021 wegen der hohen Belastung durch die Coronakrise nicht eingehalten werden könne. “Die Ausnahmeregelung zur Schuldenbremse darf nicht zum Dauerzustand werden”, mahnte Eckhardt Rehberg, haushaltspolitischer Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion. “Wir müssen schnellstmöglich zur regulären Schuldengrenze zurück”, verlangte der CDU-Politiker. Scholz hatte am Mittwochabend bei einer SPD-Veranstaltung gesprochen. Dort stellte er in Aussicht, dass der Bund im nächsten Jahr noch einmal von der Ausnahmeregelung bei der Schuldenbremse Gebrauch machen müsse.Rehberg unterstrich, dass es in der Koalition noch keine Verständigung über den Etatplan des nächsten Jahres gebe. Wegen der unübersichtlichen Entwicklung der Finanzlage des Bundes in der Corona-Pandemie hatte die schwarz-rote Koalition den Zeitplan für den Entwurf des Bundeshaushalts 2021 und die mittelfristige Finanzplanung bis 2025 verschoben. Üblicherweise entscheidet das Kabinett darüber vor Beginn der alljährlichen Sommerferien des Parlaments – Ende Juni/Anfang Juli. Der Zeitplan sieht nun für den 8. bis 10. September eine außerplanmäßige Interimssteuerschätzung vor. Am 23. September soll das Kabinett entscheiden; vom 29. September bis 2. Oktober wird der Bundestag die Entwürfe in erster Lesung beraten. “Der Bundestag wird im Dezember den Haushalt für 2021 beschließen, nicht der Finanzminister im August”, rief Rehberg in Erinnerung. Er pochte auf fundierte Zahlen. Der wirtschaftliche Aufschwung sei erkennbar im Gange. Es gebe starke Anzeichen für eine bessere Entwicklung der Steuereinnahmen als bisher gedacht, sagte er. Zugleich machte Rehberg deutlich: “Niemand will ein Sparprogramm, weder bei den Investitionen noch bei den Sozialausgaben.” Hohes Defizit im Etat 2020 Für 2020 hat der Bundestag nach Jahren mit Überschüssen im Bundeshaushalt eine Nettoneuverschuldung von 218,1 Mrd. Euro gebilligt. Wegen der staatlichen Hilfe in der Coronakrise fallen unerwartet hohe Ausgaben beim Bund an. Die Steuereinnahmen bleiben deutlich hinter den ursprünglichen Erwartungen zurück. Teilweise sind Steuern gestundet. Bis Ende Juli ist beim Bund ein Finanzierungsdefizit von 59,7 Mrd. Euro aufgelaufen (siehe Grafik). Wegen unterjährig stark schwankender Einnahmen – etwa zu bestimmten Steuerterminen – und Ausgaben lässt sich die Zahl allerdings nicht einfach hochrechnen. Gleichwohl ist die Entwicklung weniger drastisch als erwartet. Die im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse erlaubt dem Bund eine strukturelle Nettokreditaufnahme von bis zu 0,35 % des Bruttoinlandsprodukts. Eine Ausnahme davon ist bei Naturkatastrophen oder anderen außergewöhnlichen Notsituationen möglich. Zugleich muss ein Tilgungsplan beschlossen werden.Die Bundesbank hatte am Montag in ihrem Monatsbericht August eine sehr expansive Finanzpolitik im Kampf gegen die Coronakrise verteidigt und in dem Kontext auch mit Blick auf die Schuldenbremse vor einem voreiligen Gegensteuern gewarnt. Es erscheine “verfrüht”, bereits im kommenden Jahr wieder die regulären EU-Haushaltsregeln oder die Schuldenbremse anzuwenden und das Einhalten dieser Grenzen anzustreben.”Im Gegenteil können zusätzliche Stabilisierungsmaßnahmen sinnvoll sein, wenn sich im weiteren Verlauf keine durchgreifende Besserung der Wirtschaftslage abzeichnet”, so der Bericht. Die steigenden deutschen Staatsschulden seien aus derzeitiger Sicht verkraftbar. Risiken und künftige Herausforderungen müsse man aber im Blick behalten.