Union spielt bei EU-Reform auf Zeit

Haushaltspolitiker fordern in Fraktionspapier Bedingungen - Regierungssprecher Seibert: Fester Wille zu einem gemeinsamen Weg - Kritik von mehreren Seiten

Union spielt bei EU-Reform auf Zeit

Nach kritischen Stimmen aus der Unionsfraktion tritt auch Bundeskanzlerin Angela Merkel bei den vom französischen Präsidenten Emmanuel Macron geplanten EU-Reformen weiter auf die Bremse. Lösungsansätze sind erst für den EU-Gipfel Ende Juni anvisiert. kaz Frankfurt – Die CDU unter Führung von Bundeskanzlerin Angela Merkel gibt sich weiterhin zurückhaltend im Hinblick auf die von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron geforderten EU-Reformen. Regierungssprecher Steffen Seibert erklärte gestern: “Der feste Wille, einen gemeinsamen Weg zu finden, ist da.” Man blicke diesbezüglich auf den EU-Gipfel Ende Juni. Merkel und Macron seien “in einem intensiven Diskussions- und Arbeitsprozess zu allen Facetten dieses Themas Eurozonen-Reform”.Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer betonte nach Sitzungen der CDU-Spitzengremien in Berlin, bei einer Weiterentwicklung des Euro-Rettungsschirms ESM zu einem Europäischen Währungsfonds müssten die Rechte des Bundestages gewahrt werden. Außerdem gelte es, die mit dem Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union (EU) verknüpften Finanzierungsprobleme, etwa im Hinblick auf neue EU-Aufgaben, zu lösen, bevor mit dem Aufbau eines eigenen Euro-Haushalts – wie von Macron angestrebt – begonnen werden könne. Strikte KonditionenDie zögerlichen Stellungnahmen Merkels werden als Reaktion auf Bedenken von Haushaltspolitikern in der Unionsfraktion gewertet. In einem am Montag bekannt gewordenen Papier sprechen sich Politiker der Unionsfraktion für strikte Bedingungen bei den angedachten Reformplänen aus. Dem Europäischen Währungsfonds solle nur zugestimmt werden, wenn dieser über eine Änderung der EU-Verträge errichtet würde. Eine solche wäre jedoch in vielen EU-Ländern nur mittels nationaler Referenden zu erreichen und gilt als entsprechend unwahrscheinlich.Frankreichs Präsident Macron strebt eine umfassende Reform der Eurozone an. Neben einem europäischen Währungsfonds und einem gemeinsamen Eurozonen-Haushalt forderte er unter anderem den neu zu schaffenden Posten eines EU-Finanzministers und eine europäische Einlagensicherung.Am Dienstag will sich Merkel vor den Bundestagsabgeordneten von CDU und CSU zu ihren Vorschlägen im Hinblick auf eine entsprechende Reform äußern. Am Donnerstag steht ein Treffen mit Macron an.Zuvor hatte bereits Vizekanzler und Finanzminister Olaf Scholz die Vorstöße Macrons abgewiegelt. Dem Präsidenten sei bewusst, “dass sich nicht alle seine Vorschläge umsetzen lassen”, so Scholz im Gespräch mit der “Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung” (FAS). “Wir schauen jetzt, was möglich ist, ohne dass die Handlungsmöglichkeiten der einzelnen Staaten überfordert werden.” Wichtig sei, dass bei der geplanten Erweiterung des in der Eurokrise eingeführten Rettungsfonds ESM zu einem europäischen Währungsfonds “die parlamentarische Kontrolle durch den Bundestag gesichert bleibt”. Im Hinblick auf die angedachte Bankenunion gelte es, eine “unfaire Situation” zu vermeiden, “in der die einen die nötigen Mittel zur Absicherung zusammenbringen, während die anderen die nötigen Voraussetzungen nicht schaffen”. “Bremsklotz” DeutschlandEU-Kommissar Günther Oettinger (CDU) kritisierte die sich formierenden Widerstände gegen das Reformprogramm als “nicht hinnehmbar”. Diese “gefährden den ganzen Aufbruch für Europa”, sagte er der FAS. Deutschland solle den französischen Präsidenten nicht länger hinhalten. Es biete sich aktuell eine einmalige Chance zur Vollendung der europäischen Wirtschafts- und Währungsunion. “Das müssen wir bis zur Europawahl im nächsten Frühjahr schaffen, deshalb brauchen wir erste Beschlüsse schon auf dem EU-Gipfel im Juni.” Sven Giegold, Mitglied der Europafraktion der Grünen, warf der Unionsfraktion vor, “Europas Zukunft vor die Wand zu fahren”. “Ohne Reformen lässt die Bundesregierung Europa bei der nächsten Krise ins offene Messer laufen”, kommentiert er. Deutschland werde so zum “Bremsklotz der Eurozone”.