Unkoordiniert und ohne ausreichende Datenbasis

Rechnungshof kritisiert EU-Politik gegenüber China

Unkoordiniert und ohne ausreichende Datenbasis

ahe Brüssel – Der Europäische Rechnungshof geht hart mit der China-Politik der EU ins Gericht, insbesondere der Umgang mit den staatlich gelenkten Investitionen chinesischer Unternehmen in Europa wird kritisch gesehen. Konkret kritisieren die Luxemburger Prüfer Inhalt und Umsetzung der bisherigen China-Strategie, die fehlende Datenbasis für Entscheidungen sowie die unkoordinierten politischen Alleingänge der Mitgliedstaaten. Annemie Turtelboom, das für die Analyse verantwortliche Mitglied des Hofes, verwies auf den Aufstieg Chinas zum bedeutenden Wirtschaftsakteur. “Der geopolitischen Verschiebung in wirkungsvoller Weise zu begegnen, würde eine stärkere China-Strategie der EU und ein gemeinsames Handeln der Mitgliedstaaten mit den EU-Organen als Union voraussetzen”, mahnt die belgische Juristin.Als konkretes Negativbeispiel nannte Turtelboom, dass bereits 15 EU-Staaten eine Absichtserklärung mit China über Investitionen und Vorhaben im Rahmen der sogenannten Seidenstraßen-Initiative unterzeichnet hätten. Die EU-Kommission sei von vielen dieser Saaten vorab nicht darüber unterrichtet worden, obwohl diese nach den EU-Regeln eigentlich dazu verpflichtet seien, hieß es. Eigentlich solle so sichergestellt werden, dass die nationale Handelspolitik auch der EU-Politik entspreche. “Bei einem derart fragmentierten Ansatz kann die wirtschaftliche Stärke einer gemeinsam handelnden EU nicht zum Tragen kommen”, kritisierte der Rechnungshof in seinem Bericht.Die Prüfer verwiesen darauf, dass die seit zwei Jahrzehnten steigenden chinesischen Investitionen in der EU durchaus auch positive Auswirkungen auf die europäische Wirtschaft haben könnten, etwa bei der Schaffung von Arbeitsplätzen. Allerdings gingen die Investitionen zum einen vor allem in strategisch wichtige Sektoren. Zum anderen hätten hinter mehr als der Hälfte dieser Investitionen staatseigene Unternehmen gestanden. Die staatlichen Beihilfen von chinesischen und europäischen Unternehmen würden in der EU aber unterschiedlich behandelt. Dies könne zu Wettbewerbsverzerrungen auf dem Binnenmarkt führen und erschwere der EU die Schaffung gleicher Wettbewerbsbedingungen. Risiken werden ignoriertDer Rechnungshof verwies zugleich darauf, dass die Daten zu chinesischen Investitionen in der EU nur fragmentiert und unvollständig vorlägen. Hinzu komme, dass die EU-Organe bisher noch keine formalisierte umfassende Analyse der Risiken und Chancen erarbeitet hätten, die sich aus Chinas Investitionsstrategie ergäben.Der Rechnungshof selbst listete in seinem Bericht 18 politische, wirtschaftliche, soziale, rechtliche und ökologische Risiken auf, zu denen unter anderem eine übermäßige Verschuldung der Mitgliedstaaten gegenüber China oder auch ein erzwungener Technologietransfer bei Unternehmen gehörten. Drei dieser Risiken seien – zumindest bis zur Coronakrise – noch bislang in keinerlei Strategiepapieren der EU-Kommission oder des Europäischen Auswärtigen Dienstes abgedeckt gewesen. Die Prüfer verwiesen in diesem Zusammenhang auf Lücken oder Überlappungen in der Konnektivitätsinfrastruktur, Schocks für die EU-Lieferketten und die Übertragung von Krankheiten.