US-HAUSHALTSNOTSTAND - INTERVIEW: HARM BANDHOLZ, UNICREDIT

"Unsicherheit könnte Investoren abschrecken"

US-Ökonom fordert Anhebung des Schuldenlimits

"Unsicherheit könnte Investoren abschrecken"

– Herr Bandholz, im Haushaltsstreit haben sich Republikaner und Demokraten nicht einigen können und damit die Regierung quasi lahmgelegt. Aus ihrer Sicht als US-Chefökonom der Unicredit: Was bedeutet das für die US-Wirtschaft?Die Auswirkungen auf die Wirtschaft und damit auch auf die Finanzmärkte sind zunächst relativ begrenzt. Diese würden natürlich stark wachsen, wenn der “Government Shutdown” mehrere Wochen andauert. Ich glaube aber nicht, dass es dazu kommen wird.- Waren die begrenzten Auswirkungen ein Faktor, warum es am Ende keine Einigung gab?Bestimmt. Es gibt eine kleine Gruppe moderater Republikaner, die sich noch am Montag gegen die Blockadehaltung ihrer Parteikollegen gewehrt hatte. Ich hatte gedacht, dass sie sich eventuell durchsetzen würden. Letztlich hat das nicht geklappt. Ein wesentlicher Grund dafür dürfte gewesen sein, dass die negativen Auswirkungen überschaubar waren. Die in zwei Wochen anstehende Anhebung der Schuldenobergrenze ist derweil ein Thema, mit dem auf keinen Fall politische Spiele getrieben werden sollten. Hier bin ich aber auch überzeugt, dass das nicht passieren wird.- Gibt es denn unter den republikanischen Abgeordneten einige, die auch das Erreichen des Schuldenlimits riskieren würden?Auf jeden Fall. Nach der verlorenen Präsidentschaftswahl sehen das einige Republikaner als einen Hebel, über den sie die Bundespolitik dennoch beeinflussen können. Allerdings ist das die Haltung einer Minderheit, die sich in der Abstimmung über eine Anhebung der Schuldenobergrenze nicht durchsetzen dürfte. Das Schuldenlimit muss rechtzeitig angehoben werden. Am Ende wird es der Kongress wohl in den Griff bekommen.- Noch einmal zum Haushaltsstreit: Wenn eine Einigung hier noch mehrere Wochen auf sich warten ließe, was würde das für die US-Konjunktur bedeuten?Das kann ich auch nicht besser schätzen als die Kollegen von Moody’s. Die kommen für das vierte Quartal auf bis zu 1,4 Prozentpunkte weniger Wachstum. Allerdings impliziert ein so langer Shutdown auch, dass die Schuldenobergrenze nicht angehoben wird. Damit wäre der Effekt sicherlich noch größer. Wir rechnen aber wie gesagt mit einer Lösung bis spätestens Mitte Oktober.- Welchen Imageschaden richtet der Kollaps der Regierungsfinanzen aus ihrer Sicht bei Investoren an?Da muss klar unterschieden werden. Bond-Investoren sollten beruhigt sein, weil der Schuldendienst für die USA immer vorgeht. Das ist auch der einzige Punkt, in dem sich beide Parteien vollkommen einig sind. Als Anleiheinvestor gibt es also keinen Grund zur Sorge. In der Realwirtschaft dürfte die anhaltende Unsicherheit allerdings die Investitionslaune bremsen. Es gibt viele Themen, die für die Verbesserung der Standortattraktivität angegangen werden müssten. Bildungspolitik, Infrastruktur, Unternehmensbesteuerung: Hier wären wichtige Weichenstellungen vorzunehmen. Doch wer glaubt noch daran, dass sich die zerstrittenen Parteien auf großangelegte Projekte verständigen können? Das könnte Investoren abschrecken und damit das langfristige Wachstumspotenzial der USA bremsen.- Um das Wachstum war auch die US-Notenbank besorgt, als sie sich überraschend im September gegen eine Drosselung der Anleihekäufe entschieden hat …Das hat uns auch überrascht. Zwar waren wir nach den jüngsten Arbeitsmarktdaten überzeugt, dass die Fed ihre Anleihekäufe weniger stark als erwartet reduzieren dürfte. Dass gar nichts passiert, kam dennoch unerwartet. Die Tauben unter den Mitgliedern im Offenmarktausschuss, die auf fiskalpolitische Unsicherheiten verwiesen hatten, dürften sich nun allerdings bestätigt sehen.—-Das Interview führte Sebastian Schmid.