Unternehmen warten auf Steuerentlastung
wf Berlin – In der Debatte über eine Unternehmenssteuerreform gibt es für die deutsche Wirtschaft allenfalls kleine Hoffnungsschimmer. Finanzstaatssekretär Rolf Bösinger erteilte vor Wirtschaftsvertretern in Berlin einer weitreichenden Reform eine Absage und zeigte sich allenfalls offen für punktuelle Erleichterung. “Deutschland ist und bleibt ein attraktiver Standort für unternehmerische Betätigung”, konstatierte Bösinger beim Unternehmenssteuerkongress des Industrieverbands BDI und der Beratergesellschaft PwC. Anzeichen für eine Rezession macht Bösinger derzeit nicht aus. “Daher sind übereilte steuerliche Konjunkturmaßnahmen genauso wenig auf der Tagesordnung wie umfassende Reformen, zum Beispiel durch Absenkung des Steuersatzes bei der Körperschaftsteuer.” Die Bundesregierung rechne für 2020 mit einer Wachstumsrate der deutschen Wirtschaft von 1,1 % und 2021 mit 1,3 %. Wichtiges Anliegen der Bundesregierung sei die Stärkung der Investitionen, sagte Bösinger mit Blick auf die Steuerpolitik. Zugleich versicherte er: “Die Unternehmen behalten wir im Auge.” Die Bundesregierung setze dabei auf “zielgerichtete punktuelle Entlastungen von Unternehmen und Investitionen.”Die Wirtschaftsvertreter zeigten sich enttäuscht. “Die Taten- und Ideenlosigkeit der Bundesregierung entwickelt sich zum Standortrisiko”, mahnte BDI-Hauptgeschäftsführer Joachim Lang. Durch Steuerreformen in den USA und vielen europäischen Ländern stehe Deutschland unter massivem und wachsendem Wettbewerbsdruck. Hierzulande liege die Steuerlast bei 31 % im Durchschnitt, in Europa nur bei 22 %. Für Deutschland forderte Lang ein Maximum von 25 % – und dies noch in der laufenden Legislaturperiode. Seitens des BDI liegt seit geraumer Zeit ein Konzept für gezielte steuerpolitische Maßnahmen vor, zur Hinzurechnungsbesteuerung und Thesaurierungsbegünstigung sowie zu Verbesserungen im Umwandlungs- und Körperschaftsteuerrecht. Koalitionsausschuss berätDie Unternehmensbesteuerung dürfte auch Thema im Koalitionsausschuss am Mittwoch sei. Die Unionsfraktion im Bundestag hat Vorschläge entwickelt, die bislang die SPD bremst. Der finanzpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Lothar Binding, sandte beim Kongress positive Signale: “Wir wollen nicht nichts tun”, sagte der SPD-Politiker, “aber wir wollen es nicht übereilt tun.” Gesprächsbereit zeigte sich Binding über die Niedrigsteuergrenze von 25 % im deutschen Recht. Danach müssen deutsche Konzerne im Ausland erzielte Gewinne nachversteuern, wenn sie unter dieser Schwelle liegen. Dies ist inzwischen fast der Normalfall. Hierzulande steigt damit die Last über das eigentlich anvisierte Maß hinaus. Andreas Jung, Vizefraktionsvorsitzender der CDU/CSU, bot an, im parlamentarischen Verfahren zur Umsetzung der EU-Antisteuervermeidungsrichtlinie (ATAD) den Satz auf 15 % zu senken. Anders als vom Bundesfinanzministerium avisiert, ist dies nicht im ATAD-Regierungsentwurf enthalten.