KOMMENTAR

Unverbindlicher geht's nicht

So bescheiden gibt sich Sigmar Gabriel selten. "Es ist nicht unser Anspruch, dass wir in der ,Digitalen Agenda' auf alle Fragen bereits abschließende Antworten haben", bügelt der Bundeswirtschaftsminister bei der Vorstellung der Agenda Vorhaltungen...

Unverbindlicher geht's nicht

So bescheiden gibt sich Sigmar Gabriel selten. “Es ist nicht unser Anspruch, dass wir in der ,Digitalen Agenda’ auf alle Fragen bereits abschließende Antworten haben”, bügelt der Bundeswirtschaftsminister bei der Vorstellung der Agenda Vorhaltungen ab, der gestern im Kabinett verabschiedete Entwurf sei kaum mehr als ein Sammelsurium längst bekannter Positionen. Tatsächlich greift das Gemeinschaftswerk der drei Internetminister Gabriel, Thomas de Maizière (Innen) und Alexander Dobrindt (Verkehr und digitale Infrastruktur) alle Schlagworte der vergangenen Jahre auf – Industrie 4.0, Smart Home, GreenIT, Open Data -, ohne diese jedoch zu konkretisieren. Die Regierung will, sieht enorme Chancen, wird hier und da verbessern und strebt eine weltweite Führungsrolle an. So geht das über knapp 40 Seiten. Und was kostet das Ganze? Fehlanzeige.Dabei dürfte es durchaus um satte Milliardensummen gehen. Allein die geplante (und schon im Koalitionsvertrag versprochene) flächendeckende Aufrüstung der im internationalen Maßstab maximal mittelprächtigen Netzverbindungen bis zur letzten Hütte auf der Alm oder in der Uckermark könnte rund 20 Mrd. Euro kosten – je nach Technologie und Fortschritten bei der dem üblichen Politikhandeln widersprechenden Reregulierung. Dagegen stehen Auktionserlöse aus der Vergabe von Funkfrequenzen im erhofft hohen dreistelligen Millionenbetrag. Da bleibt ein Loch von reichlich 19 Mrd. Euro. Wie viel davon können oder wollen Telekom & Co stemmen? Wo liegt das Limit, das Finanzminister Wolfgang Schäuble aus seinem enggeschnittenen Haushalt dazugibt? Mutmaßungen gibt es – aber Antworten: keine.Dafür soll die Zahl von Start-ups von 10 000 auf 15 000 jährlich hochgebeamt werden – durch die Stärkung des Gründergeists, die Vernetzung mit globalen Gründer-Hubs und die Verbesserung der Finanzierungsbedingungen. Zu befürchten ist, dass dieses letztgenannte Thema, das schon auf der realen Agenda diverser Vorgängerregierungen stand, auch nicht schneller umgesetzt wird, nur weil es sich die Digitale Agenda unter den Nagel gerissen hat. Immerhin könnte sie hier zeigen, welche Durchsetzungskraft sie hat. Dafür müsste der Entwurf der Anlageverordnung für Versicherungen gebremst und neu ausgerichtet werden, verhindern doch die vorgesehenen Regelungen Investitionen in Venture Capital. Konkretes, wie die Einrichtung eines Hightech-Wachstumsfonds, ist nicht vorgesehen – dafür aber die gezielte Unterstützung von Gründerinnen.