US-Arbeitsmarkt läuft heiß
det Washington
Zwei Jahre nach dem Beginn der Coronakrise hat sich der US-Arbeitsmarkt fast vollständig von den Folgen der Gesundheitskrise erholt. Wie das Bureau of Labor Statistics (BLS) des Arbeitsministeriums am Freitag berichtete, fiel die Arbeitslosenquote im März von 3,8 auf 3,6%. Im Februar 2020, unmittelbar vor der Pandemie, hatte die Quote bei 3,5% gelegen. Diese Zahl wird von der Notenbank als Vollbeschäftigung angesehen und ist neben der Preisstabilität ein Teil von deren sogenannten dualen Mandat. Kopfzerbrechen dürfte der US-Notenbank Fed der weiter zunehmende Lohnauftrieb bereiten, da er die ohnehin sehr hohe Inflation zusätzlich anfachen kann.
Zwar entstanden ohne Berücksichtigung der Landwirtschaft nur 431000 neue Stellen – Ökonomen hatten ein Plus von 490000 vorausgesagt. Allerdings wurde das Stellenwachstum für Februar um 70000 Stellen nach oben revidiert. Ein weiteres, ermutigendes Zeichen sehen Ökonomen darin, dass die Partizipationsrate um 0,1 Prozentpunkte auf 62,4% stieg und nur noch einen Prozentpunkt vom Vorkrisenniveau entfernt ist. Auch sank die Zahl der Arbeitslosen um weitere 318000 auf sechs Millionen. Das Stellenwachstum konzentrierte sich vorrangig auf jene Branchen, die unter den Kontaktbeschränkungen während der Pandemie am stärksten litten. So wurden im Gastgewerbe und der Freizeitindustrie 112000 neue Mitarbeiter eingestellt. Von dem Beschäftigungsaufbau profitierten auch Fachdienstleister, wo es zu 102000 Neueinstellungen kam, sowie der Einzelhandel mit einem Plus von 49000, und das verarbeitende Gewerbe.
Der Aufschwung am Arbeitsmarkt hat zur Folge, dass sich die Notenbank mit weiteren Zinserhöhungen vorrangig auf die Bekämpfung der hohen Inflation konzentrieren kann. „Notenbankchef Jerome Powell hat bereits signalisiert, dass aggressivere Zinserhöhungen bevorstehen könnten“, sagte Ted Rossman, Analyst beim Online-Finanzdienstleister Bankrate. „Der jüngste Arbeitsmarktbericht unterstreicht jedenfalls, dass sich die Fed nun ausschließlich der Inflationsbekämpfung widmen kann.“
Einkommen steigen
Neben den Verbraucherpreisen, deren Steigerungsrate den höchsten Stand seit 40 Jahren erreicht hat, lieferte nun auch die Einkommensentwicklung ein weiteres Zeichen für den anhaltend hohen Inflationsdruck. So stiegen die durchschnittlichen Stundenlöhne gegenüber dem Vormonat um 0,4% und auf Jahressicht um 5,6%. Wie Guy Berger, Ökonom beim Onlinedienst LinkedIn feststellt, befindet sich der Arbeitsmarkt einerseits in einem außerordentlich starken Zustand. Gestützt wurde dieser lange Zeit durch die ultralockere Geldpolitik der Fed sowie üppige staatliche Ausgabenprogramme, die nun aber beide der Vergangenheit angehören. Da die Fed nun einen deutlich schärferen Kurs eingeschlagen hat, werde es für den Arbeitsmarkt „angesichts dieses Gegenwinds schwer sein, den Aufschwung fortzusetzen“, so Berger.
Experten rechnen damit, dass die Notenbank, die im März den Leitzins um 25 Basispunkte anhob, diesen noch sechsmal in diesem Jahr höher schrauben wird. Wie Rubeela Farooqi, Volkswirtin bei High Frequency Economics feststellt, „hat der Arbeitsmarkt rapide Fortschritte in Richtung Vorkrisenniveau gemacht“ und liefere der Notenbank weitere Argumente, um bei der FOMC-Sitzung im Mai eine stärkere Zinserhöhung in Erwägung zu ziehen.
Dass sie eine Straffung um 50 Basispunkte für möglich halten, hatten zuletzt mehrere Mitglieder des Offenmarktausschusses (FOMC) gesagt, unter ihnen der stellvertretende Präsident John Williams, der Präsident der Federal Reserve Bank von New York ist, sowie Vorstandsmitglied Christopher Waller.