US-Gesundheitsreform schon wieder vor dem Aus

Senatsentwurf der Republikaner in eigener Partei umstritten - Trump droht weitere politische Schlappe

US-Gesundheitsreform schon wieder vor dem Aus

Von Peter De Thier, WashingtonWenige Tage vor dem Beginn der Sommerpause im amerikanischen Kongress steht das fieberhafte Bemühen von US-Präsident Donald Trump, ein Gesetz zur Reform des Gesundheitssystems zur Verabschiedung zu bringen, vor scheinbar unüberwindlichen Hürden. Der 45. Präsident könnte damit die dubiose Ehre haben, trotz republikanischer Mehrheiten in beiden Parlamentskammern nach fast einem halben Jahr im Amt noch keinen bedeutenden legislativen Erfolg vorweisen zu können. Breiter WiderstandSchon während des Wahlkampfs hatte Trump versprochen, dass die Aufhebung des Affordable Care Act (ACA), auch als Obamacare bekannt, zu seinen Prioritäten zählen würde. Die unter Präsident Barack Obama verabschiedete Reform sollte sicherstellen, dass 47 Millionen US-Bürger, die keine Krankenversicherung hatten, ebenfalls abgesichert sind. Anfang Mai hatte das Repräsentantenhaus dann nach langem Tauziehen eine erste Gesetzesvorlage, den American Health Care Act (AHCA), verabschiedet. Der eigene Entwurf, den Republikaner nun im Senat nach heimlichen Verhandlungen veröffentlichten, stößt aber auf breiten Widerstand. Gegen große KürzungenGemäßigten Republikanern gehen die Kürzungen bei Medicaid, der staatlich finanzierten Krankenversorgung für Arme, zu weit. Konservative Vertreter der Partei hingegen, etwa der frühere Präsidentschaftskandidat Ted Cruz, betrachten den Gesetzesentwurf lediglich als verwässerte Form von Obamacare. Sie halten das Gesetz in der jetzigen Form für nicht finanzierbar und bestehen daher auf deutlich tieferen Einschnitten bei den staatlichen Gesundheitsleistungen. Insgesamt haben fünf Senatoren bereits angekündigt, dass sie gegen die Gesetzesvorlage in ihrer jetzigen Form stimmen würden. Ebenso viele haben Vorbehalte angemeldet und wollen abwarten, wie die unabhängige Haushaltsbehörde Congressional Budget Office (CBO) die Kosten sowie die gesamtwirtschaftlichen Folgen einschätzt. Der entsprechende CBO-Bericht soll demnächst veröffentlicht werden.Gestritten wird auch über die in dem Senatsentwurf vorgesehenen Steuererleichterungen für Wohlhabende ebenso wie öffentliche Zuschüsse für Abtreibungskliniken, die konservative Republikaner eliminieren wollen. Beherrscht wird die Diskussion aber von der Zukunft von Medicaid. Das größte aller staatlichen Gesundheitsprogramme, das 74 Millionen Amerikaner in Anspruch nehmen, deren Einkommen um weniger als 33 % über der gesetzlichen Armutsgrenze liegt, wurde unter dem ACA großzügig ausgeweitet. Die republikanische Gesetzesvorlage würde ab 2021 die zusätzliche Deckung aber phasenweise wieder zurückfahren. Während der Fiskus derzeit einen bestimmten Anteil der Kosten trägt, die einzelnen Staaten durch Medicaid verursacht werden, würden diese in einmalige Zuschüsse umgewandelt. Von 2025 an würde der Beitrag des Bundes weiter sinken. Dominantes ThemaFalls es diese Woche zu keiner Abstimmung über den AHCA kommen sollte, könnte Trump, der in Wählerumfragen schlechtere Noten bekommt als jeder Präsident in der US-Geschichte bislang, einen hohen politischen Preis zu zahlen haben und im Ansehen seiner Landsleute weiter abrutschen. Damit wäre nämlich sichergestellt, dass im weiteren Verlauf des Sommers die politische Debatte erneut von dem Thema Gesundheitsreform beherrscht wird.Überschattet werden könnte sie nur von den Ermittlungen zu den Kontakten zwischen Trumps Beratern und dem Kreml im Zusammenhang mit russischen Versuchen, die US-Präsidentschaftswahl zu manipulieren. Gehofft hatte das Weiße Haus stattdessen, in den kommenden Monaten Fortschritte bei einer Steuerreform zu erzielen.