US-Haushaltsminus übertrifft Einnahmen

Viertes Billionen-Dollar-Defizit - Angriffe auf Obama

US-Haushaltsminus übertrifft Einnahmen

Von Sebastian Schmid, New YorkWährend die Märkte noch über die neue Konjunkturspritze der Federal Reserve Bank jubeln, wächst das US-Haushaltsdefizit in nahezu unvermindertem Rekordtempo weiter. Per Ende August summiert sich die Haushaltslücke für das bis 30. September laufende Fiskaljahr bereits auf 1,16 Bill. Dollar. Im Vorjahr waren es zu diesem Zeitpunkt mit 1,23 Mrd. Dollar allerdings noch mehr, teilte das Finanzministerium mit. Im August standen Ausgaben von 369 Mrd. Dollar Einnahmen von knapp 179 Mrd. Dollar gegenüber. Damit übertraf die Neuverschuldung mit 191 Mrd. Dollar sogar die gesamten Einnahmen.Für Präsident Barack Obama, der aktuell in den Umfragen vorn liegt, dürften das schlechte Nachrichten sein. Nicht nur, dass er wie erwartet im vierten Jahr in Folge mehr als 1 Bill. Dollar Haushaltsdefizit einfahren wird. Das im Gesamtjahr bislang gebremste Schuldenwachstum hat sich zuletzt wieder beschleunigt.Angesichts des enormen Anteils der Staatsausgaben am Bruttoinlandsprodukt droht der US-Wirtschaft im kommenden Jahr, wenn der Kongress sich auf Haushaltseinsparungen einigen muss oder automatische Kürzungen greifen, der Rückfall in die Rezession – selbst wenn zunächst wie erwartet nur ein Drittel des Defizits abgebaut werden sollte. Für die Republikaner um Präsidentschaftskandidat Mitt Romney und Vize-Kandidat Paul Ryan ist die Entwicklung des Haushaltsdefizits noch vor dem Arbeitsmarkt das derzeit wichtigste Wahlkampfthema. Während die Republikaner das Defizit mit Ausgabenkürzungen an (fast) allen Fronten angehen und der Wirtschaft über Steuersenkungen Impulse geben wollen, setzt der Präsident auf eine Mischung aus Steuererhöhungen und deutlich moderateren Ausgabenkürzungen, um das Defizit zu senken. In den vergangenen beiden Jahren hatten die Republikaner die Mehrheit im Kongress und zeigten sich in den Verhandlungen mit Obama wenig kompromissbereit. Allerdings dürfte auch das amtierende Staatsoberhaupt vor seiner Wiederwahl wenig Interesse an zu drakonischen Sparmaßnahmen gehabt haben. Diese hätten wohl in Kombination mit höheren Steuern den ohnehin kaum spürbaren Aufschwung wieder abgewürgt.Trotz des Haushaltsdefizits und der offenen Geldschleuse der Fed tut sich die US-Wirtschaft weiter schwer. Die Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe lagen mit 382 000 zuletzt deutlich über den Erwartungen und auf dem höchsten Niveau seit Juli. Die Industrieproduktion, bei der Ökonomen im Schnitt einen leichten Rückgang um 0,2 % erwartet hatten, schrumpfte im August um 1,2 %, während die Lagerbestände im Juli doppelt so kräftig wie erwartet zugelegt haben. Hoffnung machen derzeit lediglich die US-Verbraucher. Zum einen sind die US-Einzelhandelserlöse im August um 0,9 % gestiegen – so stark wie zuletzt im Februar. Zum anderen kletterte das von der Universität Michigan gemessene Verbrauchervertrauen im September überraschend auf 79,2 Zähler. Experten hatten einen Rückgang auf 73,5 Punkte erwartet.