US-Notenbank signalisiert straffen Zinskurs
US-Notenbank signalisiert straffen Zinskurs
det Washington
Fed verlängert Zinspause – Powell sieht aber Möglichkeit für weiteren Zinsschritt in diesem Jahr
Bis zur Pressekonferenz von US-Notenbankchef Jerome Powell am Mittwochabend waren viele Analysten davon ausgegangen, dass der Zinszyklus in den USA bereits abgeschlossen ist und die Federal Reserve nun ganz den Fuß von der Bremse nimmt. Ganz anders schätzt aber eine klare Mehrheit der Währungshüter die Lage ein. Etwa zwei Drittel der FOMC-Mitglieder rechnen vor dem Jahresende mit einer weiteren Straffung um 25 Basispunkte, die den Zielkorridor für den Leitzins auf 5,5% bis 5,75% hochschrauben würde. Zudem erwarten die meisten Notenbanker für 2024 eine nicht so umfangreiche Lockerung der Zinsschraube wie bisher angenommen.
Powell ist zuversichtlich, dass eine weiche Landung für die US-Wirtschaft mittlerweile ein "plausibles Szenario" ist. "Die Wirtschaft wächst mit einem soliden Tempo", hieß es auch in der Abschlusserklärung des FOMC. Zwar habe das Stellenwachstum während der vergangenen Monate an Tempo eingebüßt, sei aber weiterhin stark, betonten die Währungshüter. Gleichwohl unterstrich Powell, dass er eine leichte Abkühlung der Konjunktur und vor allem des Arbeitsmarkts als Voraussetzung dafür ansieht, um die Teuerung in den Griff zu bekommen.
Powell: Die Inflation ist deutlich zu hoch
In seiner Pressekonferenz betonte der Fed-Vorsitzende, dass die Inflation deutlich zu hoch sei und die Erreichung der Zielgröße von 2% ein vorrangiges Ziel der Fed bleibe. Er räumte aber auch Fortschritte ein und sagte, dass die Notenbank mit den elf Leitzinserhöhungen seit März 2022 "sehr schnell sehr weit gekommen ist". Auch hob er stärker als bisher hervor, dass trotz des moderaten, aber steten Wirtschaftswachstums Gefahren lauern, insbesondere als Folge der zahlreichen Streiks, der gestiegenen Ölpreise, der hohen Finanzierungskosten und der Wiederaufnahme von Ratenzahlungen für Studentenkredite, die Millionen von Haushalten treffen. Gina Bolvin, Präsidentin der Vermögensverwaltung Bolvin Wealth Management, sagte, dass "bei der Abwägung von Inflation und Beschäftigung die Fed nun eine ausgewogenere Position bezieht" und folglich eine weiche Landung wahrscheinlicher sei als eine Rezession.
Die Berücksichtigung beider Komponenten des dualen Mandats der Notenbank fand auch in den aktualisierten Prognosen ihren Niederschlag. So wird trotz der andauernden Konjunkturrisiken nun erwartet, dass die Wirtschaftsleistung dieses Jahr um 2,1% und 2024 um 1,5% wachsen wird. Vor drei Monaten hatten die Währungshüter für 2023 eine Zunahme des Bruttoinlandsprodukts (BIP) um 1,0% und im kommenden Jahr eine Wachstumsrate von 1,1% unterstellt.
Optimismus für die Konjunktur
Der vorsichtige Konjunkturoptimismus kam auch in den Schätzungen für den Arbeitsmarkt zum Ausdruck. So werden für 2023 und 2024 Arbeitslosenquoten von 3,8% und 4,1% prognostiziert. Beide Werte liegen unterhalb der Schätzungen vom Juni. Kaum verändert waren hingegen die Erwartungen an die Inflationsrate. Dem FOMC zufolge dürfte die Kernrate des PCE-Index, des bevorzugten Indikators der Fed, zum Jahresende bei 3,7% liegen und dann auf 2,6% zurückgehen.
Unterdessen illustriert die Dot-Plot Grafik der Fed, dass unter den Mitgliedern des FOMC die Meinungen durchaus divergieren. So erwarten zwölf Mitglieder eine weitere Straffung, entweder Anfang November oder Mitte Dezember, während sieben Mitglieder meinen, dass nun ein Schlussstrich unter die Zinserhöhungen gezogen werden sollte. Noch stärker gehen die Meinungen in Bezug auf das kommende Jahr auseinander, wo die Prognosen für die Federal Funds Rate im Schnitt bei 5,1% liegen, aber ein weites Spektrum durchlaufen und von weniger als 4,5% bis über 6% reichen.