Arbeitsmarkt

US-Stellenwachstum setzt sich mit hohem Tempo fort

Der US-Jobmarkt steht weiter unter Dampf. Im Mai lagen die Neueinstellungen deutlich oberhalb der Markterwartungen. Gleichwohl könnte die gestiegene Arbeitslosenquote Ökonomen zufolge ein Vorbote einer Abschwächung sein.

US-Stellenwachstum setzt sich mit hohem Tempo fort

Der US-Arbeitsmarkt hat im Mai seinen Aufschwung, der mittlerweile seit 29 Monaten andauert, mit unvermindertem Tempo fortgesetzt. Trotz des starken Stellenwachstums, das die Markterwartungen übertraf, sehen einige Ökonomen in dem Anstieg der Arbeitslosenquote ein mögliches Warnsignal.

US-Jobmarkt gibt weiter Vollgas

Stellenaufbau übertrifft Erwartungen – Arbeitslosenquote steigt überraschend um 0,3 Prozentpunkte

det Washington

Der US-Jobmarkt demonstriert weiter bemerkenswerte Resistenz gegenüber dem schwachen Wachstum und andauernden Rezessionssorgen. Wie das Bureau of Labor Statistics (BLS) des Arbeitsministeriums berichtete, entstanden im Mai ohne Berücksichtigung der Landwirtschaft 339.000 neue Stellen. Die Zahl lag deutlich oberhalb der Markterwartungen. Vorausgesagt hatten Bankvolkswirte 180.000 bis 190.000 Neueinstellungen. Auch wurden die Neueinstellungen für März und April zusammen um 93.000 nach oben revidiert. Unterstrichen wird der stete Aufschwung auch von der Tatsache, dass während des vergangenen Jahres in der US-Wirtschaft im Schnitt jeden Monat 341.000 neue Arbeitsplätze geschaffen wurden.

Mit dem Anstieg hat sich das Stellenwachstum mittlerweile seit 29 Monaten ununterbrochen fortgesetzt. Die Arbeitslosenquote stieg allerdings von 3,4% auf 3,7%. Ökonomen hatten mit einem Wert um 3,5% gerechnet. Als positives Zeichen heben Experten insbesondere die Tatsache hervor, dass der Beschäftigungsaufbau weit verbreitet war. Fachdienstleister stellten 64.000 neue Mitarbeiter ein, während 56.000 Personen im öffentlichen Dienst eine Beschäftigung fanden. Bedeutende Beiträge leisteten ferner das Gesundheitswesen, das Gast- und Freizeitgewerbe sowie die Bauindustrie. Kaum verändert war die Beschäftigung hingegen im verarbeitenden Gewerbe, wo das BLS einen Rückgang um 2.000 ermittelte, sowie im Einzel- und Großhandel und im Energiesektor. Die amtlichen Zahlen stellen hinsichtlich ihrer Zusammensetzung einen Kontrast dar zu dem Bericht des Arbeitsmarktdienstleisters Automatic Data Processing (ADP). ADP hatte zuvor kräftiges Stellenwachstum im Privatsektor gemeldet, das aber nicht verbreitet war, sondern sich auf das Gast- und Freizeitgewerbe sowie den Bergbau konzentrierte.

Fed behält Löhne im Auge

Die US-Notenbank wird neben dem Stellenwachstum vor allem die Entwicklung der Löhne im Visier haben. So stiegen die durschschnittlichen Stundenlöhne im Mai um 0,3% und im Vorjahresvergleich um 4,3%.  Vorausgesagt hatten Ökonomen eine Jahresrate von 4,4%. Nach der Veröffentlichung des Arbeitsmarktberichts schätzte das FedWatch Tool der CME Group die Wahrscheinlichkeit, dass der Offenmarktausschuss (FOMC) nach zehn Straffungen in Folge übernächsten Mittwoch eine Zinspause einlegen wird, auf etwa 70%. Der Zielkorridor für den Tagesgeldsatz erreichte mit dem letzten Zinsbeschluss im Mai den höchsten Stand seit 2007 und liegt derzeit bei 5,0 bis 5,25%.

Ungeachtet des nachlassenden Lohndrucks glaubt Rand Ghayad, Head of Economics bei dem Online-Berufsnetzwerk Linkedin, dass selbst wenn die Währungshüter die Zügel straffer ziehen wollten, dies angesichts der Resistenz des Arbeitsmarkts keinen Schaden anrichten würde. „Der robuste Zustand des Arbeitsmarkts darauf hin, dass die US-Wirtschaft mehr Leitzinserhöhungen verkraften kann, als wir bisher angenommen hatten“, so der Volkswirt. Er rechnet trotzdem damit, dass die Wirtschaft gegen Ende des Jahres in eine Rezession abgleiten wird.  

Vorsichtiger als andere Experten schätzt auch Mark Zandi, Chefökonom bei Moody’s Analytics, den jüngsten Bericht ein und weist auf scheinbare Widersprüche in den Zahlen hin. „Zwar deuten die 339.000 neuen Jobs auf einen starken Arbeitsmarkt hin, doch der Anstieg der Arbeitslosenquote und der Rückgang der Wochenarbeitszeit scheinen eine Abschwächung zu signalisieren“, glaubt Zandi.

Skepsis äußerte auch Daniel Zhao, Chefvolkswirt bei dem Online-Arbeitsvermittler Glassdoor. Laut Zhao „stellt die höhere Quote einen Kontrast dar zu anderen Daten, etwa der Zunahme der offenen Stellen, die im April von 9,6 auf 10,1 Millionen stiegen, und der andauernden Stabilität bei Erstanträgen auf Arbeitslosenhilfe“. Nachdenklich stimme ihn auch der kräftige Anstieg der Arbeitslosigkeit bei Afroamerikanern. Unterm Strich sei jedenfalls davon auszugehen, dass die Wirtschaft im weiteren Jahresverlauf „noch mit einigem Gegenwind zu kämpfen haben wird“, so der Ökonom.

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