Weltwirtschaft

USA schmieden maritime Allianz zum Schutz von Handelsschiffen

Die USA schmieden eine maritime Allianz, Reedereien meiden wegen der Angriffe der Huthi-Rebellen das Rote Meer. Höhere Frachtkosten und längere Fahrtzeiten sind schlechte Nachrichten für die ohnehin leidgeprüfte deutsche Industrie.

USA schmieden maritime Allianz zum Schutz von Handelsschiffen

USA schmieden maritime Allianz

Reedereien meiden Suezkanal – Exporterwartungen der deutschen Industrie sinken – Auftragsbestand schwindet

Die USA schmieden eine maritime Allianz, Reedereien meiden wegen der Angriffe der Huthi-Rebellen das Rote Meer. Höhere Frachtkosten und längere Fahrtzeiten sind schlechte Nachrichten für die ohnehin leidgeprüfte deutsche Industrie. Deren Exporterwartungen sind ebenso rückläufig wie der Auftragsbestand.

ba Frankfurt

Wegen der zunehmenden Angriffe auf Handelsschiffe im Roten Meer schmieden die USA eine militärische Sicherheitsallianz für die Region mit europäischen und anderen Partnern. Die "Operation Prosperity Guardian" soll Handelsschiffe besser vor Angriffen der von Israels Erzfeind Iran unterstützten Huthi-Rebellen schützen, teilte das US-Verteidigungsministerium mit. Beteiligt sind Großbritannien, Bahrain, Frankreich, Italien, Kanada, die Niederlande, Norwegen, die Seychellen und Spanien. Deutschland prüft nach Angaben von Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) eine Anfrage zur Beteiligung, wie die Nachrichtenagentur dpa-afx meldet.

Gemeinsame Patrouillen geplant

Geplant seien gemeinsame Patrouillen im südlichen Roten Meer und im Golf von Aden. Noch hat der Nahost-Konflikt keine Auswirkungen auf den globalen Handel, wie der jüngste Kiel Trade Indicator zeigt. Dies könnte auch der schwächelnden deutschen Industrie einen weiteren Dämpfer versetzen, deren Exporterwartungen ohnehin zurückgegangen sind. Auch die schwindenden Auftragsbestände lassen auf eine rückläufige Produktion in den kommenden Monaten schließen.

„Terroristische Angriffe auf Handelsschiffe im Roten Meer könnten in Zukunft zu einer erneuten Belastung für den Welthandel werden, vor allem wenn Frachtraten aufgrund von Gefahrenzulagen steigen", erklärte Vincent Stamer, beim Kiel Institut für Weltwirtschaft (IfW Kiel) zuständig für den Handelsindikator. Langfristig könnten Reeder auch auf alternative Routen oder Transportmittel ausweichen. Über 10% des globalen Handels führt durch das Rote Meer und den Suezkanal, "Beeinträchtigungen dort können erhebliche Auswirkungen auf den globalen Warenverkehr mit sich bringen“, mahnte Stamer.

Reedereien meiden den Suezkanal

Nach Angaben des US-Militärs kam es erneut zu Angriffen der Huthi-Rebellen auf zwei Schiffe im südlichen Roten Meer. Die Rebellen hatten angekündigt, ihre Angriffe bis zum Ende der israelischen Offensive im Gazastreifen fortzusetzen. Große Reedereien meiden vorerst den Suezkanal, wie etwa die weltgrößte Containerreederei MSC, die dänische Großreederei A.P. Møller-Mærsk, die französische Reederei CMA CGM und auch die taiwanesische Containerreederei Evergreen. Auch die deutsche Hapag-Lloyd fährt bis auf weiteres nicht mehr durch den Suezkanal und das Rote Meer, sondern die Umleitung über das Kap der Guten Hoffnung. „Dass Reedereien den Umweg von mehr als 6.000 Kilometern um Afrika in Kauf nehmen, zeugt von der außerordentlichen Gefahrenlage im Roten Meer“, erklärte Stamer laut dpa-afx.

Rückstände aufgeholt

Dies würde "letztlich zu schnelleren und besser vorhersehbaren Ergebnissen für unsere Kunden und ihre Lieferketten führen", heißt es bei Mærsk. Welche Probleme nicht reibungslos laufende Lieferketten nach sich ziehen, haben die Verwerfungen infolge der Corona-Pandemie gezeigt. Mittlerweile sind Lieferengpässe für die deutsche Industrie kaum noch ein Thema, die Rückstände weitestgehend aufgeholt. Allerdings zeigen nun die seit zwei Jahren rückläufigen Neuaufträge immer deutlicher ihre Spuren: Die Auftragspolster werden immer schmäler und die Reichweite reduziert sich. Laut dem Statistischen Bundesamt (Destatis) ist der Auftragsbestand im verarbeitenden Gewerbe im Oktober preis-, saison- und kalenderbereinigt um 0,6% im Monatsvergleich gesunken. Im Vergleich zum entsprechenden Vorjahresmonat beträgt der Rückstand 5,9%.

Sonderfall Autoindustrie

Ursächlich für das Minus im Monatsvergleich ist den Wiesbadener Statistikern zufolge vor allem der Rückgang um 2,9% in der Automobilindustrie. Hier "hatten sich in den Jahren 2020 bis 2022 aufgrund von Lieferengpässen historisch hohe Auftragsbestände angestaut", hieß es bei Destatis. Seit Januar 2023 sei der Auftragsbestand in diesem Bereich durchgehend rückläufig – in einer längerfristigen Betrachtung aber dennoch weiter auf hohem Niveau.

Negativen Einfluss auf das Gesamtergebnis hatten auch die Rückgänge im Maschinenbau (–0,8%) und bei der Herstellung von Datenverarbeitungsgeräten, elektronischen und optischen Erzeugnissen (–1,3%). Die Reichweite, also die Zeit, die die Unternehmen bei gleichbleibendem Umsatz theoretisch produzieren müssten, um die bereits vorhandenen Aufträge abzuarbeiten, reduzierte sich weiter: Für Oktober meldet Destatis 6,9 Monate nach 7,0 Monaten im September, 7,1 Monaten im August und 7,2 Monaten im Juli.

"Weihnachtsstimmung bleibt aus"

Wenig verheißungsvoll sieht es laut der aktuellen Ifo-Umfrage auch bei den Exporten aus: Das entsprechende Barometer fiel im Dezember um 2,6 auf minus 6,7 Punkte. „In der Exportwirtschaft bleibt eine Weihnachtsstimmung aus“, sagt Klaus Wohlrabe, Leiter der Ifo Umfragen. „Die Unternehmen sehen für den Jahresbeginn wenig positive Perspektiven.“ Dabei trübte sich die Stimmung in der Mehrheit der Branchen ein. Dazu gehörten auch die Automobilhersteller, die zuletzt eher eine konstante Entwicklung erwartet hatten, sowie der Maschinenbau.

Einen schwierigen Stand haben der Umfrage zufolge derzeit vor allem die energieintensiven Branchen wie die Chemie oder die Metallindustrie. Einen Zuwachs bei den Exporten erwarten die Nahrungsmittelindustrie sowie die Getränkehersteller sowie die Produzenten von Lederprodukten. 

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