KOMMENTAR

Valls allein im Haus

Er wollte Gas geben, nicht zögern und zaudern wie sein Vorgänger. Doch stattdessen wird Frankreichs neuer Premierminister Manuel Valls in Zukunft jedes einzelne Gesetz, jede Reform mühsam verhandeln müssen. Denn die Abstimmung in der...

Valls allein im Haus

Er wollte Gas geben, nicht zögern und zaudern wie sein Vorgänger. Doch stattdessen wird Frankreichs neuer Premierminister Manuel Valls in Zukunft jedes einzelne Gesetz, jede Reform mühsam verhandeln müssen. Denn die Abstimmung in der Nationalversammlung über das Stabilitätsprogramm, das für die kommenden drei Jahre Einsparungen in Gesamthöhe von 50 Mrd. Euro vorsieht, hat gezeigt, dass Valls und Präsident François Hollande nur noch über einen sehr eingeschränkten Handlungsspielraum verfügen. Inzwischen können sie noch nicht einmal mehr auf die Unterstützung der eigenen Reihen bauen.Das Sparprogramm wurde mit einer denkbar knappen Mehrheit angenommen: 265 Abgeordnete stimmten dafür, 232 dagegen und 67 Mitglieder der Nationalversammlung enthielten sich der Stimme, darunter 41 Sozialisten. Das Ergebnis war ein ernsthafter Warnschuss für den neuen Regierungschef, der an die Abgeordneten appelliert hatte, sich angesichts des Schuldenbergs und des Defizits selber zu übertreffen. Valls wird nicht müde, den früheren Premierminister Pierre Mendès-France zu zitieren und wie dieser zu fordern, Frankreich müsse der Realität in die Augen blicken und dürfe sich nicht länger Illusionen hingeben. Heute ist Mendès-France, der 1954 die größten Probleme Frankreichs in Angriff genommen hatte, um die sich alle seine Vorgänger gedrückt hatten, hoch angesehen. Doch seine Regierung war nach nur sieben Monaten gescheitert.Valls könnte es nun ebenso ergehen, denn sein Wille, den Defizitabbau beherzter als bisher anzugehen, kommt beim linken Flügel der sozialistischen Regierungspartei nicht an. Sie kritisiert das Defizitziel von 3 % der Wirtschaftsleistung als Diktat Brüssels und Berlins. Für die Sparmaßnahmen, die Frankreich im Rahmen der nächsten Haushaltspläne beschließen muss, um den Fehlbetrag zu senken, ist die jetzige Abstimmung kein gutes Omen. Dabei ist noch nicht einmal sicher, dass das nun beschlossene Stabilitätsprogramm angesichts der Probleme Frankreichs auch ausreichend ist.