Verbände rechnen mit anhaltenden Engpässen
Reuters Berlin
Industrie, Handwerk, Exporteure, Handel und Digitalbranche rechnen auch 2022 mit Materialengpässen und deutlich steigenden Preisen. „Mit einer schnellen Entspannung ist nicht zu rechnen“, sagte der Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI), Siegfried Russwurm, in einer Umfrage der Nachrichtenagentur Reuters unter großen Wirtschaftsverbänden. „Material- und Lieferengpässe bremsen die Produktion bis weit ins Jahr 2022.“ Die Lieferschwierigkeiten hätten die deutsche Industrie im zu Ende gehenden Jahr bereits grob geschätzt 10% an Produktionseinbußen gekostet.
„Speziell der Chipmangel wird die deutsche Wirtschaft auch 2022 und darüber hinaus beschäftigen“, warnte der Präsident des Digitalverbandes Bitkom, Achim Berg. „Die Engpässe betreffen alle Arten von Halbleitern, von Speicherchips über Prozessoren und Sensoren bis zu einfachen Dioden.“ Besonders betroffen seien etwa Hersteller von Servern und IT-Infrastruktur, Telekommunikationsausrüstung und Computer-Hardware. „Die Folgen sind steigende Preise und zunehmende Lieferverzögerungen“. Einige Anbieter hätten ihre Produktionskapazitäten bereits bis Ende 2023 ausgelastet. Aufgrund der langen und unflexiblen Produktionszyklen und der komplexen Wertschöpfungsketten ließen sich dafür keine schnellen Lösungen finden.
Der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), Peter Adrian, sagte, wegen der Lieferengpässe dürften notwendige Rohstoffe und Vorprodukte hierzulande knapp und teuer bleiben. Viele international vernetzte deutsche Unternehmen stünden vor einem Berg an Aufträgen, den sie aufgrund von Materialmangel nicht abarbeiten könnten. „Die Aufholstrecke ist noch lang, denn eine Entspannung bei den Problemen in der Lieferkette ist leider noch nicht in Sicht“.
Die Exporteure sehen das ähnlich. Dennoch dürfte im Laufe des Jahres eine Entspannung einsetzen, sagte der Chef des Außenhandelsverbandes BGA, Dirk Jandura. Laut Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) hat sich die Lage in der Branche zwar etwas entspannt, da eine Reihe von Baumaterialien inzwischen besser verfügbar sei. „Das gilt allerdings nicht für bestimmte Vorprodukte und Materialien“, so der ZDH. „Hier werden die Produktionskapazitäten auch in den kommenden Monaten nicht ausreichen, um die gesamte Nachfrage zu decken.“